16 Mai 2017

Andreas Sander im Interview: „Südkorea wären meine ersten Olympische Spiele.“

Andreas Sander im Interview: "Südkorea wären meine ersten olympischen Spiele."
Andreas Sander im Interview: „Südkorea wären meine ersten Olympische Spiele.“

Andi, wie in den vergangenen Jahren auch, wollen wir auch diesen Frühling wieder auf die Saison zurückblicken und einen Ausblick auf den kommenden Winter wagen. Beginnen wir mit Deiner Vorbereitung auf den Winter. Mit dem Blick auf die Vorjahre fällt auf, dass eigentlich nichts auffällt. Seit Jahren laufen Deine Sommer weitestgehend verletzungs- und störungsfrei. Wie kommt es eigentlich, dass Du kaum Probleme mit Erkrankungen hast? Legst Du besonderen Wert auf die Physis?

Ja, das kann man, glaube ich, so sagen. Ich habe mich in den letzten Jahren im physischen stetig etwas verbessert. Darauf lege ich auch sehr viel Wert. Ich habe das Gefühl, dass mich dies über die gesamte Saison und Vorbereitung extrem weiterbringt. Über den Winter versuche ich die Fitness so gut wie möglich zu halten um dann mit einem höheren Level als im Vorjahr in die neue Vorbereitung zu starten.

Trainierst Du abseits der Piste eigentlich in der Gruppe oder allein?

Ich finde eine gute Mischung aus beidem. Ich trainiere sehr gerne mit meinen Mannschaftskollegen, bin aber auch immer wieder gerne am Olympiastützpunkt in Oberstdorf um die Sportler aus anderen Mannschaften und Sportarten zu sehen. An Wochenenden; und auch das ein oder andere Mal unter der Woche, trainiere ich Einheiten allein. Das betrifft dann vor allen Dingen die Ausdauereinheiten. Mir fällt es glücklicherweise nicht sehr schwer mich hierfür zu motivieren oder zu quälen. Hier nutze ich die Zeit auch gerne um über manche Dinge nachzudenken. Meistens denke ich dann über sportliche Sachen nach.

Gut vorbereitet ging es also in einen Winter, in dem die Erwartungen an Dich sicher höher waren als je zuvor. Immerhin hattest Du enormes 2015/16 geleistet. Hat Dich diese Erwartung im Vorfeld beschäftigt?

Beschäftigt hat mich dies in dem Sinne, weil ich mir meine Ziele anhand des Winters 2015/16 gesetzt habe. Ich wollte diese Saison natürlich gerne wieder toppen. Mich haben diese Erwartungen allerdings nie unter Druck gesetzt.

Nach der Absage von Lake Louise und Beaver Creek, ging es nach Val d’Isérè und Gröden. Während im Super G mit Platz 5 eine neue persönliche Bestleistung fiel, warst Du in der Abfahrt erstmals nach über einem Jahr punktefrei. Gibt es inzwischen eine Erklärung, weshalb die Resultate zu Beginn der Saison soweit auseinanderklafften?

Das ist immer schwierig zu sagen. In Val d’Isérè und Gröden waren die Schneebedingungen sehr ähnlich. Es war ein sehr trockener aggressiver Schnee, der auf der Abfahrtsspur durch die Abfahrtstrainings nochmal deutlich aggressiver war als auf der Super-G-Linie. Dafür habe ich zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht das perfekte Schuh-Ski-Setup bereit gehabt. Ich denke aber, dass ich da nach Ende der Saison schon gut dran gearbeitet habe und jetzt auch ein Schritt weiter bin. Im Sommertraining werde ich allerdings noch einige Sachen ausprobieren, damit mir dieser Fehler nicht noch einmal passiert. Ich schiebe das Resultat aber nur ungern auf das Material. Ich hätte, trotz diesen Abstimmungsschwierigkeiten zu Saisonbeginn, in den Abfahrten immer deutlich in die Punkte fahren können.

Ohne Abfahrtspunkte und mit weiteren Absagen von Santa Caterina und Wengen ging es im Januar dann nach Kitzbühel und Garmisch. Dort bist Du dann dreimal hintereinander in die Top 15 gefahren. Bist Du so cool, dass Dich die schlechteren Resultate da nicht beeinflussen?

Es wäre natürlich schön jetzt einfach mit „Ja“ zu antworten. Ganz so einfach ist es dann eben doch nicht cool zu bleiben. Ich hatte natürlich Gründe warum es teilweise in den ersten Abfahrten so lief, wie es eben lief. Die habe ich zuvor ja schon genannt. Ganz cool hat mich das Ganze dann natürlich trotzdem nicht gelassen. Obwohl es immer etwas einfacher ist, wenn man weiß, dass man eigentlich ganz gut in Form ist. Das haben ja die ersten beiden Super-G Resultate gezeigt. Als ich mir meine Fahrt aus Kitzbühel noch einmal angeschaut habe, habe ich schon gesehen, dass das noch nicht ganz so aussah wie ich es gerne hätte. Ich bin etwas verhalten gefahren. In Garmisch-Partenkirchen hatte ich dann endlich die perfekte Abstimmung gefunden und hatte extrem schnelle Teilzeiten. Leider habe ich ein paar blöde Fehler gemacht. Ich war allerdings sehr zufrieden mit meinen Ergebnissen. Ich wusste aber, dass ich eventuell auch noch etwas weiter vorne landen könnte.

Andreas Sander (Foto: Walter Schmid / Skiweltcup.TV)
Andreas Sander (Foto: Walter Schmid / Skiweltcup.TV)

Was kam war eine sehr erfolgreiche WM. Zum dritten Mal warst Du bei einer WM dabei, aber zum ersten Mal hast Du die Nominierungskriterien erfüllt. Waren das auch für Dich andere Voraussetzungen als 2011 in Garmisch und 2015 in Beaver Creek?

Ja, das war es allerdings. Ich konnte in den Rennen vor der WM zeigen, dass ich mich nochmal verbessert habe. Ich habe meine Ergebnisse, besonders im Super-G, verbessern können. Somit wollte ich schon gerne bei der WM mit guten Platzierungen überraschen. Das ist mir dann auch glücklicherweise gelungen.

Mit Platz 7 und 8 hast Du gezeigt, dass Du inzwischen in der Weltspitze angekommen bist. War das der berühmte „nächste Schritt“ in Deiner Karriere? Dein Rückstand zum Podium war gering wie nie.

Das war einerseits natürlich sehr erfreulich für mich, andererseits auch etwas schade. Der Rückstand zum Podium war eben so gering wie nie. Und es war ja eine Weltmeisterschaft. Am Ende überwog natürlich die Freude über eine sehr gute WM. Ich habe, in dieser Saison, auch endlich mal gezeigt, dass ich in der Abfahrt unter die ersten 10 fahren kann.

Über den Weltcup in Norwegen ging es zum Weltcupfinale nach Aspen, wo es wieder Premieren gab: Im Super G erstmals seit Jahren ausgeschieden, in der Abfahrt persönliche Bestleistung. Am Ende bist Du in der Weltrangliste 11. im Super G, und 16. in der Abfahrt. Hast Du damit alle Deine vor der Saison gesteckten Ziele erreicht?

Mit ein paar „Aufs“ und „Abs“ war die Saison etwas wechselhaft, aber am Saisonende sehr zufriedenstellend. Wenn man im zweiten Super-G der Saison auf Platz 5 fährt, dann würde man am liebsten beim nächsten Rennen das ganze nochmal toppen. Ganz so leicht, besonders im Super-G, ist es dann eben doch nicht. Natürlich hätte ich bei ein paar Rennen deutlich besser abschneiden können. Ich habe mich aber auch, mit guten Ergebnissen, ein paar Mal selber überrascht. Ich wollte gerne in beiden Disziplinen am Saisonende unter den ersten 20 in der Weltrangliste landen. Das ist mir gelungen.

Mit nunmehr 99 Weltcup-Starts gehörst Du zu den erfahreneren Athleten und kannst auch etwas zu grundsätzlichen Fragen Deines Sports sagen. Beginnen wir mit der neuen Startnummernvergabe, die zu längerer Spannung führen soll. Wurde das Ziel erreicht?

Längere Spannung würde ich ganz klar verneinen. Der Weltranglistenerste hat das Recht sich als Erster eine Startnummer auszusuchen und nimmt recht häufig eine Nummer unter 10. Man könnte, meiner Ansicht nach, diese Startnummernvergabe noch einmal überdenken. Der Ansatz ist schon der Richtige. Grundsätzlich finde ich es gut, dass man sich Gedanken macht unseren Sport spannender und attraktiver zu gestalten. Es am Ende allen recht zu machen ist allerdings sehr schwierig.

Mehrfach wurde von verschiedenen Seiten gefordert, den Super G, immerhin Deine stärkste Disziplin, abzuschaffen. Dass Du das anders siehst, ist klar. Aber wo liegt für Dich der besondere Reiz dieser Disziplin.

Klar, das sehe ich anders. Wenn ich dafür wäre, meine beste Disziplin abzuschaffen, liefe irgendetwas falsch. So ganz verstehen tue ich das Ganze aber wirklich nicht. Als Grund für diese Diskussion wird oft genannt, dass Super-G und Abfahrt für den Laien nicht oder nur schwer zu unterscheiden sind. Komischerweise höre ich von vielen genau das Gegenteil. Der Unterschied sei eben deutlich erkennbar. Der Reiz, dass es im Super-G keine Trainings gibt und trotzdem mit hoher Geschwindigkeit gefahren wird, ist, meiner Meinung nach, sehr hoch. Dadurch gibt es deutliche Unterschiede in der Linienwahl und somit auch viel mehr Zeitsprünge von Vorsprung in Rückstand oder anders herum. Das macht Super-G, für mich, zu einer sehr attraktiven Disziplin.

Speedrennen unter Flutlicht: Für Dich fantastisch oder eher was für Fantasten?

Das wäre mal ein echtes Highlight. Wir haben sogar schon des Öfteren Super-G unter Flutlicht trainiert. Das Flutlicht ist bei schlechteren Sichtverhältnissen sogar deutlich besser als das Tageslicht. Für mich würde somit nichts dagegen sprechen. Ich würde mich darauf freuen.

Die Saison ist beendet, und kommenden Winter stehen olympische Spiele an. Dein Ziel wird sicherlich sein, sich so schnell wie möglich dafür zu qualifizieren. Den Hang kennst Du von der Vorsaison. Versucht man sich im Training ganz auf Olympia und die besonderen Voraussetzungen des Hanges vorzubereiten, oder bereitet man sich eher auf die Saison als Ganzes vor.

Dass ich mich für die olympischen Spiele qualifiziere, wird eines meiner Ziele sein. Das wären dann meine ersten olympischen Spiele. Wenn es dann soweit kommen würde, würde man sich auch sicher auf Olympia gezielt vorbereiten. Aber davor sind noch einige andere Speed-Rennen zu fahren. Letzten Winter habe ich es ähnlich gemacht. Die WM war natürlich ein klares Ziel für mich. Ich habe mich aber erst mit dem Thema näher beschäftigt, als ich in Garmisch das letzte Rennen absolviert hatte. Bei der WM bin ich dann zwei super Rennen gefahren. Nächste Saison werde ich versuchen es genauso wie letzte Saison zu machen.

Was wird der Olympiasieger in der Abfahrt besonders gut können müssen?

Das ist momentan noch eine schwer zu beantwortende Frage. Das kann ich erst genauer sagen, wenn man weiß wie die Pistenbedingungen in Südkorea sein werden. Davon hängt immer, und besonders auf der Olympiaabfahrt von Südkorea, sehr viel ab. Grundsätzlich sollte man ein technisch sehr sauberer aber auch gefühlsvoller Fahrer sein. Man sollte zudem möglichst gut und kompakt Springen können. Am Ende wird aber auch das Material eine wichtige Rolle spielen.

Mathias Berthold hatte sich bei Amtsantritt 2014 vorgenommen, 2018 eine Speedmannschaft zu haben, die Chancen auf das Podium hat. Inzwischen kann jeder aus Eurer Mannschaft Top 10 Resultate im Weltcup vorweisen. Als Du im Weltcup angefangen hast, wären Top 15 Ergebnisse eines Deutschen schon fast eine Sensation gewesen. Was hat sich in den Jahren aus Deiner Sicht verändert – intern und in der Wahrnehmung von Euch durch andere?

Intern hat sich bei uns eigentlich an allem etwas verändert. Wir haben zwar nur immer Kleinigkeiten verändert, dies aber wirklich bei jedem Detail. Die Summe der kleinen Veränderungen verändert natürlich einiges. Besonders nach drei Jahren fällt einem dies erst einmal richtig auf. Dazu beigetragen hat nicht nur Mathias Berthold, sondern auch unserer Abfahrtstrainer Christian Schwaiger. Er hat einen ganz anderen Schwung in die Mannschaft gebracht. Somit war nicht nur unter uns Athleten, sondern auch unter den Trainern und Servicemännern, ein deutlicher Aufschwung zu spüren. Wir alle haben gemerkt, dass wir das Potenzial für TOP 15 Resultate haben. Wir, als Team, sind über die Jahre sicher deutlich zielstrebiger und ehrgeiziger geworden. Jedes Detail möchte ich natürlich auch nicht verraten. Zumindest hat sich bei uns intern in den letzten Jahren einiges verändert.

Die Wahrnehmung durch andere hat sich durch die guten Ergebnisse natürlich auch verändert. Einerseits von den Medien, aber andererseits auch von anderen Teams oder Rennfahrern und von anderen Sportinteressierten. Es ist sehr schön zu sehen, dass wir einen positiven Zuspruch bekommen. Wir haben sicher nicht den großen Erfolg wie die meisten anderen deutschen Wintersportler. Es wird uns aber sehr hoch anerkannt, dass wir in der erweiterten Weltspitze mitfahren. Und dies eben als gesamte Mannschaft. Es ist schön zu sehen, dass dies so wahrgenommen wird.

 Danke für das Gespräch.

 Quelle: www.andreas-sander.com

 

Andreas Sander raste beim Super-G von Val d’Isère in die Top-10
Andreas Sander raste beim Super-G von Val d’Isère in die Top-10

 

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