19 Mai 2021

Benni Raich im Skiweltcup.TV-Interview: „Ich glaube, der Weltcupkalender ist nun ausgeglichen genug!“

Benni Raich im Skiweltcup.TV-Interview: „Ich glaube, der Weltcupkalender ist nun ausgeglichen genug!“
Benni Raich im Skiweltcup.TV-Interview: „Ich glaube, der Weltcupkalender ist nun ausgeglichen genug!“

Arzl – Wenn die Ski-Asse keine Rennen bestreiten und sich in das sommerliche Trainingsgetümmel stürzen, wird es auch für Experten etwas ruhiger. Benni Raich, ein Tiroler Skirennläufer früherer Tage, ist hierbei keine Ausnahme. Wir baten den Österreicher, der fast 40 Weltcuprennen gewinnen konnte und vor allem im Slalom und im Riesentorlauf sehr erfolgreich war, zum Interview und sprachen mit ihm über die abgelaufene Saisonen, Emotionen im (Skirenn-)Sport und vieles mehr.

Benni, vor Kurzem ist die Ski Weltcup Saison 2020/21 mit ihrem Saisonhöhepunkt im norditalienischen Cortina d’Ampezzo, zu Ende gegangen. Wie würdest du in kurzen, jedoch persönlichen Worten die Höhe- und Tiefpunkte beschreiben, zumal es zu Beginn ein Winter mit vielen Fragezeichen war?

Benni Raich: Es ist eine sehr gute Saison geworden, zumal wir ja nach dem Fall in Levi, bei dem aufgrund eines positiven Coronafalls im Drei-Kronen-Team alle schwedischen Damen um ihr Startrecht gebracht wurden, wir nicht wussten, ob es so weitergehen würde. Aber wir sind gut durch den Winter gekommen. Die Sicherheitskonzepte haben gegriffen, und man hat trotz der schweren Zeit, in der wir uns befinden, einen guten Weg gefunden. Auch die Ski-Weltmeisterschaft in Cortina d’Ampezzo verlief, sportlich gesehen, sehr gut. Ein kleiner Wehmutstropfen sind die vielen Verletzungen, aber ganz ausschließen kann man das auch in einem coronafreien Winter nicht. Das berühmte Restrisiko wird es in unserer Sportart immer geben.

Lindsey Vonn zertrümmerte einmal vor laufender Kamera ihre Bindung; Lara Gut-Behramis Riesenslalom-Durchgang in der Lenzerheide dauerte nur einige Sekunden. Kann man diese Ereignisse vergleichen, und aus welchem Grund ist es immer wichtig, und seinen Charakter nicht zu verändern seinen Zielen selbst treu zu bleiben?

Benni Raich: Natürlich ist es nicht gut, wenn man das eigene Material kaputtmacht. Es ist auch keinesfalls notwendig. Aber wenn etwas schief geht, ist es menschlich, wenn man ein wenig emotional wird. Bei Lara Gut-Behrami weiß ich nicht, was genau der Grund war. Sie hat sich auch nicht so sehr darüber geäußert. Trotzdem ist es auch hier ein Zeichen von Menschlichkeit. Man muss sich in die Lage der Athletin hineinversetzen. Man kommt in einer sehr guten Form zu den letzten Rennen, und 200 potenzielle Punkte werden nicht vergeben; die große Kristallkugel wandert beinahe kampflos an die größte Widersacherin. Selbst wenn das nicht schön ist, gehört das zum Sport dazu. Von außen ist es schwer zu beurteilen, aber grundsätzlich ist es richtig, Emotionen zu zeigen und sich und seinen Zielen treu zu bleiben.

Durch die abgesagten Speedrennen beim Saisonkehraus in der Lenzerheide wurde die Kritik laut, wonach die die Abfahrts- und Super-G-Spezialisten im Kampf um die große Kristallkugel geprellt werden und der Kalender nicht nur aufgrund der Mehrheit der technisch ausgerichteten Rennen den technisch versierten Athletinnen und Athleten entgegenkommt. Jetzt scheint das aber hinfällig zu sein. Kannst du diese Kritik teilen, oder magst du einen neuen Denkansatz ins Spiel bringen?

Benni Raich: Ob das zu 100 Prozent gut ist, werden wir am Ende der nächsten Saison sehen. Auf alle Fälle ist es wichtig, dass es nun einmal eine Ausgeglichenheit zwischen den Disziplinen gibt. Man muss von Anfang an immer gut fahren. In den letzten Jahren gab es an ein Mehr an technischen Rennen. Dadurch waren die Athletinnen und Athleten, die im Slalom und Riesentorlauf ihre Erfolge feiern, eher begünstigt. Trotzdem kann man auch, wenn man in zwei Disziplinen gut ist, auch in einer dritten ansatzweise gute Ergebnisse verbuchen. Es wird also spannend werden, wer um die großen Kristallkugeln kämpfen wird. Wer viele Rennen bestreitet und als Allrounderin oder Allrounder unterwegs ist, wird wohl am Ende die begehrte Trophäe in die Höhe stemmen und am meisten Punkte auf dem eigenen Konto haben.

Derzeit stehen die ersten Qualifikationsspiele, auch wenn sie durch die EM unterbrochen werden, hinsichtlich der im nächsten Jahr stattfindenden Fußballweltmeisterschaft in Katar statt. Viele weisen auf die Verletzung der Menschenrechte vor Ort hin. Muss man solche Veranstaltungsorte in Frage stellen, oder ist das alles nur Geldmacherei? Kannst du dir vorstellen, dass so manches Ski-Ass ab Sölden auch lautstark auf die Situation in China hinweisen wird, da ja die Olympischen Winterspiele in Peking stattfinden?

Benni Raich: Es wird gewiss einige Athletinnen und Athleten geben, die auf die Situation in China hinweisen werden. Trotzdem sollte der Sport überwiegen. Nicht jeder kann von sich behaupten, alle zwei oder vier Jahren bei so einem Großereignis, unabhängig, ob es sich um eine Weltmeisterschaft oder Olympische Spiele handelt, dabei zu sein. Trotzdem sollte sich schon das Internationale Olympische Komitee Gedanken machen, wer die Spiele im Zeichen der fünf Ringe austrägt. Geld alleine soll nicht der Hauptfaktor sein. Von außen versteht man nicht alles, aber man muss aufpassen, dass man die Werte des Sports aufgrund ökonomischer Interessen nicht aufs Spiel setzt oder Menschenrechtsverletzungen bewusst ignoriert.

Bericht und Interview für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner

Der vorläufige Herren Ski Weltcup Kalender der Saison 2021/22

Der vorläufige Damen Ski Weltcup Kalender der Saison 2021/22

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