
Flachau – Unseren heutigen Interviewpartner müssen wir nicht genauer vorstellen. Hermann Maier hat im alpinen Skirennsport wohl alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Über 50 Weltcupsiege, zwei Olympiasiege, drei WM-Goldmedaillen, vier große und zehn kleine Kristallkugeln sprechen eine Sprache für sich. Außerdem wurde er viermal zum Österreichischen Sportler des Jahres gewählt.
Im Jahr 2004 erhielt der heute 43-jährige Salzburger den Laureus World Sports Award in der Kategorie „Comeback des Jahres“, nachdem im Spätsommer 2001 seine sportliche Karriere nach einem schweren Verkehrsunfall an einem sprichwörtlich seidenen Faden hing.
Wir von skiweltcup.tv sprachen mit dem „Herminator“ über den abgelaufenen Ski-Winter, die mögliche „Krise“ im rot-weiß-roten Speedteam, das Schöne am Skisport und vieles mehr.
skiweltcup.tv: „Hermann, die Weltcupsaison 2015/16 ist Wintersportgeschichte. Am Ende des Winters gab es, was die Entscheidung um die große Kristallkugel betrifft, mit der Schweizerin Lara Gut eine Premierensiegerin und mit Marcel Hirscher einen Serientäter. Haben deiner Meinung nach die richtigen Athleten den großen Kristallbecher gewonnen?“
Hermann Maier: „Auf jeden Fall. Auch wenn ich im vergangenen Winter aus Zeitgründen nur wenige Rennen verfolgen konnte, ist vor allem die Konstanz von Marcel Hirscher aufgefallen. Kaum Ausfälle, ich glaube, sieben oder acht Siege und jedenfalls jede Mende Podestplätze – er wurde seiner Favoritenrolle gerecht und hat die Geschichte dominiert. Mit seiner sehr akribischen, professionellen Herangehensweise, aufgrund der Tatsache, dass er und vor allem sein Vater nichts dem Zufall überlassen, ist damit zu rechnen, dass er auch in den kommenden Saisonen im Weltcup den Ton angibt. Auch Lara Gut hat die Gunst der Stunde genutzt. Wobei man sagen muss, dass es nach 21 Jahren höchste Zeit war, dass wieder einmal eine Schweizerin vorne ist.“
skiweltcup.tv: „Das ÖSV-Speedteam steckt in einer ‚Krise‘. Der einzige Saisonsieg bei den schnellen Herren wurde just von Hirscher eingefahren. Hand aufs Herz, würdest du dich noch getrauen, bei einer Nominierung ein solches Rennen zu bestreiten oder werden wir dessen ungeachtet im nächsten Jahr wieder mehr rot-weiß-rote Siege erleben?“
Hermann Maier: „Die Frage, ob ich noch ein Rennen bestreiten würde, stellt sich seit meinem Rücktritt 2009 überhaupt nicht mehr. Sie missachtet auch die Tatsache, dass dahinter ein unglaublicher Aufwand und wahnsinnig viel Arbeit steckt. So gesehen kann man unserem Team bestimmt keinen Vorwurf machen, das Bemühen ist ja da. Es kommen einfach ein paar Sachen zusammen, angefangen bei vielen Verletzungen gleich zu Beginn des Winters. Ich glaube aber schon, dass das Potenzial vorhanden ist, in Zukunft auch wieder Siege zu feiern. Man wird sich da bestimmt auch etwas einfallen lassen.“

skiweltcup.tv: „Was ist abgesehen von der körperlichen Ertüchtigung und der Bewegung in der freien Natur das Schönste am alpinen Skisport, egal ob man ihn als laienhafter Sonntagsfahrer oder Weltcuprennläufer im steten Kampf gegen Gegner und Hundertselsekunden ausübt?“
Hermann Maier: „Der Skisport bietet so viel Abwechslung und viele Möglichkeiten. Und die Herausforderung, seinem Können angepasst Grenzen auszuloten, bei unterschiedlichen Verhältnissen Hänge in verschiedenen Schwierigkeitsgraden zu meistern und auch zu versuchen, sich und seine Technik ständig zu verbessern. Da gibt es eigentlich kaum einen Unterschied zwischen Hobby-Skifahrern und Weltcupfahrern. Wobei Rennläufer natürlich oft mit dem unangenehmen Umstand zu kämpfen haben, dass man ihnen rote und blaue Stangen in den Weg stellt…“
skiweltcup.tv: „Hermann, welche soziale, pädagogische und gesundheitliche Potenziale erkennst du im Sport, welcher durch den Idealismus vieler ehrenamtlich engagierter Menschen, die die Vereine und Verbände zum Leben erwecken, überhaupt erst wirksam wird?“
Hermann Maier: „Interessante Frage. Und eigentlich beinhaltet sie ja auch schon die Antwort. Allein durch seine Fähigkeit, Menschen zu ehrenamtlicher Tätigkeit zu motivieren, erfüllt der Sport eine wichtige Aufgabe. Das zeigt schon, welches Potenzial – ganz abgesehen von seinem hinlänglich bekannten Nutzen – in ihm steckt.
skiweltcup.tv: „Eine private Abschlussfrage: Wie geht es deinen drei Töchtern? Und würdest du dich freuen, wenn sie eines Tages in die großen Fußstapfen ihres Vaters treten würden und auch alpine Skirennläuferinnen werden würden? Oder ist das zu weit vorgegriffen?“
Hermann Maier: „Das ist viel zu weit voraus gedacht und eines Tages ganz allein ihre Sache.“
Bericht und Interview für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner

Die Skiweltcup.TV Sommer-Interviews 2016 – und alle zwei Tage werden es mehr!
Hermann Maier – Matthias Hüppi – Nicole Schmidhofer – Georg Streitberger – Marlene Schmotz – Oliver Polzer – Tina Weirather – Riccardo Tonetti – Aris Donzelli – Andreas Sander – Annemarie Moser-Pröll – Ana Drev – Nadia Delago – Roland Leitinger – Mirjam Puchner – Marco Schwarz – Conny Hütter – Dominik Paris – Peter Fill – Stephanie Venier