30 Juni 2018

Mathias Berthold im Skiweltcup.TV-Interview: „Es ist noch nicht alles Gold, was glänzt“

Mathias Berthold im Skiweltcup.TV-Interview: "Es ist noch nicht alles Gold was glänzt" (Foto: Mathias Berthold / DSV)
Mathias Berthold im Skiweltcup.TV-Interview: „Es ist noch nicht alles Gold was glänzt“ (Foto: Mathias Berthold / DSV)

Auch die DSV-Herren haben bereits die Vorbereitung für die WM-Saison 2018/19 aufgenommen. In der letzten Woche absolvierten die Jungs von Mathias Berthold ein Konditionstrainingslager in Österreich. Im Burgenland, genauer gesagt in Steinbrunn, im Landessportzentrum VIVA, bereiteten sich die Athleten mit Kraft- und Ausdauertraining auf den WM-Winter vor. Nach den schweißtreibenden Trainingseinheiten stand uns DSV-Herren-Bundestrainer Mathias Berthold für ein ausführliches Interview zur Verfügung.

Skiweltcup.TV: „Trotz vieler Verletzungsrückschläge war die Saison 2017/18 für die DSV-Herren eine sehr erfolgreiche. Wie zufrieden bist du mit dem Abschneiden deiner Jungs?“

Mathias Berthold: „Das muss man immer etwas einordnen. Speziell mit den Leistungen von Thomas Dreßen und teils mit jenen von Pepi Ferstl kann man zufrieden sein. Andreas Sander hat leider ein Problem mit dem Rücken, der ihm am Ende der Rennen oft etwas Schwierigkeiten bereitet. Sonst hätte er meiner Meinung nach auch Dreßen den Kitzbühel-Sieg streitig machen können.  In Garmisch war seine letzte Zwischenzeit absolut top, und auch in Wengen wäre sicher wesentlich mehr möglich gewesen. Manuel Schmid hat einige Weltcuppunkte gemacht, und dass auch Dominik Schwaiger nach seiner Verletzung bereits Punkte einfahren konnte, war doch schon sehr cool. Pepi Ferstl hat sich im Super-G weiterentwickelt, aber in der Abfahrt wäre mehr möglich gewesen.

Bei den Technikern hatten wir – aufgrund der Verletzungen – eine schwierige Saison. Felix Neureuther ist ein Rennen gefahren, das er gewonnen hat. Stefan Luitz ist zwei Rennen gefahren und platzierte sich, als Zweiter und Dritter zweimal auf dem Podest. Das war ein super Auftakt, der dann jäh durch die Verletzungen gebremst wurde. Fritz Dopfer war aufgrund seiner Verletzung nicht in der Verfassung, eine Saison konstant durchzufahren. Erfreulich waren die Leistungen – insbesondere mit dem sechsten Platz beim Riesenslalom von Val d’Isère – von Alexander Schmid. Linus Straßer ist etwas hinter den Erwartungen zurückgeblieben, auch wenn er bei den Parallel-Slalomrennen immer absolut top unterwegs war. Speziell am Anfang der Saison brauchte er etwas, bis er ins Fahren gekommen ist. Gerade im technischen Bereich müssen wir schon hart arbeiten, damit wir wieder dahin kommen, wo wir eigentlich sein sollten.“

Skiweltcup.TV: „Wäre dieser nächste Schritt im Technik-Team mit einem Felix Neureuther, Stefan Luitz und einem fitten Fritz Dopfer leichter vollzogen worden?“

Mathias Berthold: „Natürlich ist es für das ganze Team brutal schwierig, wenn sich solche Top-Fahrer verletzen. Aber es hat uns gezeigt, dass, wenn sich zwei Spitzenathleten verletzen und Fritz Dopfer noch nicht fit ist, wir eigentlich nicht in der Lage sind, im Weltcup vorne mitzufahren. Das muss uns natürlich schon zu denken geben. Darum ist es wichtig, dass wir auch nach der Zeit von Felix und Fritz eine schlagkräftige Truppe haben. Das letzte Jahr hat gezeigt, dass wir zwar auf einem guten Weg sind, aber noch weit von dem entfernt sind, wie es wir es uns eigentlich vorstellen.“

Skiweltcup.TV: „Gibt es für die neue Saison Änderungen im Trainerteam bzw. in den Trainingsgruppen?“

Mathias Berthold: „Im Speedteam haben wir nur kleine Änderungen, was den Assistenztrainer betrifft, vorgenommen. Im Technikteam gibt es mit Bernd Brunner schon eine markante Änderung. Albert Doppelhofer ist eine Stufe zurückgegangen und ist jetzt als Europacuptrainer im Einsatz. Ich bin sehr froh, dass er die LG1b übernommen hat und erhoffe mir dadurch im Europacup-Team eine Qualitätssteigerung und dass die Lücke nach oben geschlossen werden kann.

Die personelle Änderung geht mit einer strukturellen Umstellung einher. Wir haben in der neuen Saison nur noch eine Weltcupgruppe. Wir werden in einer etwas größeren Gruppe, mit sieben Athleten (Felix Neureuther, Stefan Luitz, Fritz Dopfer, Alexander Schmid, Linus Strasser, Dominik Stehle und Sebastian Holzmann, Anm. d. Red.) versuchen, aus jedem Einzelnen das Beste rauszuholen.“

Skiweltcup.TV: „Nach Olympia ist vor Olympia. Ist die „große Planung“ in deiner Arbeit dem Olympiazyklus angepasst?“

Mathias Berthold: „An sich ja. Aber es ist immer schwer zu sagen, wie sich die Jahre entwickeln. Ein System steht und fällt immer mit den Personen, die darin arbeiten. Die neuen Verantwortungsbereiche, die die Leute bekommen haben, müssen fruchten. Natürlich plant man im olympischen Zyklus, aber ein System muss immer auf Dinge, die sich entwickeln oder nicht entwickeln reagieren können. Je besser ein System ist, umso flexibler und anpassungsfähiger muss es sein. In diese Richtung sind wir sehr gut aufgestellt.“

Skiweltcup.TV: „Heißt das, dass sich die deutschen Fans und auch der DSV auf eine langfristige Zusammenarbeit mit dir freuen können?“

Mathias Berthold: „Natürlich. Ich habe letztes Jahr auch in einem Interview gesagt, dass ich nicht irgendwo anders noch einmal Trainer werde. Das wird meine letzte Trainerstation sein. Das wurde irgendwo missverstanden und so interpretiert, dass ich aufhören wolle. Ich sehe nirgendwo anders die Motivation zu arbeiten, als hier mit den DSV-Herren.“

Mathias Berthold: "Beim Konditionslehrgang im Landessportzentrum VIVA in Steinbrunn fanden wir wieder perfekte Trainingsbedingungen vor. Bernd Dallos und seine Crew unterstützen uns wie immer bestens." (Foto: Mathias Berthold / privat)
Mathias Berthold: „Beim Konditionslehrgang im Landessportzentrum VIVA in Steinbrunn fanden wir wieder perfekte Trainingsbedingungen vor. Bernd Dallos und seine Crew unterstützen uns wie immer bestens.“ (Foto: Mathias Berthold / privat)

Skiweltcup.TV: „Die DSV-Herren haben bereits die Vorbereitung für die WM-Saison 2018/19 aufgenommen. Welche Trainingseinheiten standen bereits auf dem Programm, und wie geht es in den nächsten Wochen weiter?“

Mathias Berthold: „Wir waren im Frühjahr noch lange auf Schnee unterwegs. Jetzt steht in den Heimstützpunkten vorwiegend Konditionsarbeit auf dem Programm. In 14 Tagen werden wir mit der Techniker-Gruppe zehn Tage zum Skifahren nach Norwegen gehen. Die Speedfahrer werden auf dem Stilfser Joch auf Schnee trainieren. Mitte August geht es drei Wochen für ein Teil der Techniker-Gruppe nach Ushuaia (Argentinien). Die Speedfahrer gehen, wie auch in den letzten Jahren, für vier Wochen nach La Parva (Chile). Dies ist die Planung bis Mitte September; danach geht es auf die österreichischen Gletscher. Hier wird dann am Feinschliff für den Saisonstart in Sölden gearbeitet.“

Skiweltcup.TV: „Was kannst du uns über den Gesundheitszustand von Fritz Dopfer, Stefan Luitz und Felix Neureuther sagen?“

Mathias Berthold: „Stefan Luitz arbeitet fleißig und ist zurzeit mit „therapeutischem Skifahren“ unterwegs. Felix Neureuther ist noch nicht ganz so weit. Er hat krankheitsbedingt beim Training etwas zurückstecken müssen. Ihm machten die Nebenhöhlen aufgrund einer Allergie zu schaffen. So war kein intensives Training möglich. Mittlerweile läuft es aber ganz normal. Bei Fritz Dopfer geht es ganz gut; er geht auch mehrmals im Monat zum Skifahren, um das Gefühl beizubehalten. Eigentlich sind aber alle im Plan. Stefan Luitz ist von der Zeitplanung etwas voraus, Felix Neureuther etwas hinterher; aber es gibt keine massiven Probleme.

Die Kreuzbandrisse wurden von den Ärzten sehr gut versorgt. Auch die anschließende Therapie und die Reha wurden super begleitet. Fritz Dopfer hatte in der letzten Saison bei den Druckstellen im Skischuh extreme Schmerzen. Ende der Saison variierte es etwas: Mal verspürte er starke, mal keine Schmerzen. In der Zwischenzeit hat sich das alles sehr positiv entwickelt. Darum haben wir bei Fritz, im Vergleich zum letzten Jahr, eine ganz andere Ausgangsposition. Wir gehen davon aus, dass er die Vorbereitung ohne Einschränkungen in Angriff nehmen und wieder Vollgas geben kann.“

Skiweltcup.TV: „Ist der Rest der Mannschaft fit, oder gibt es das ein oder andere Problem bei einem Athleten?“

Mathias Berthold: „Dem Rest der Mannschaft geht es gut. Im Abfahrtsteam kommt Klaus Brandner nach einem Patellasehnenriss, den er sich vor eineinhalb Jahren in Kitzbühel zuzog, ebenso zurück wie Dominik Schwaiger, der sich in Bormio relativ schwer an der Hüfte verletzte. So kann man im Abfahrtsteam so wie bei den Technikern positiv nach vorne schauen.“

Skiweltcup.TV: „In der letzten Saison stand in deiner Agenda der erste Abfahrtssieg eines DSV-Athleten ganz oben. Dieser Punkt ist mehr als erfolgreich abgearbeitet. Gibt es in der WM-Saison 2018/19 ein besonderes Ziel?“

Mathias Berthold: „Wir wollen uns natürlich weiterentwickeln. Bei der Technikgruppe erwarte ich mir schon eine Leistungssteigerung. Ich denke, dass wir hier mit dem Trainerteam eine Maßnahme gesetzt haben, um einen Schritt vorwärts zu setzen. Im Speedbereich ist die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen. Es war gut im letzten Jahr, doch es ist aber noch nicht alles Gold, was glänzt.

Natürlich haben die beiden Abfahrtssiege von Thomas Dreßen und der Sieg von Pepi Ferstl im Super-G von Gröden dem gesamten Team gutgetan, auch im Ansehen und im Hinblick auf das Interesse in der Öffentlichkeit. Wir haben die Schritte in den letzten Jahren gemacht, ließen uns aber nicht von der Euphorie anstecken. Wir haben einen Punkt nach dem anderen abgearbeitet, und es gibt noch einige Punkte, die wir nicht abgehakt haben. Da müssen wir noch besser werden. Es kann sich niemand zurücklehnen und meinen, es ist alles gut. Es gibt noch sehr viel zu tun. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Im Gegenteil: Wir müssen noch einen Schritt konsequenter arbeiten. In der Abfahrt musst du als Athlet schon absolut top sein, wenn du vorne mitfahren möchtest.“

Skiweltcup.TV: „Kitzbühel ist und bleibt wohl das Rennen des Jahres für die Abfahrer! Habt ihr gespürt, dass mit dem Sieg von Thomas Dreßen auf der „Streif“ in Deutschland wieder das „Speed-Fieber“ ausgebrochen ist?“

Mathias Berthold: „Natürlich war es extrem cool, dass Thomas auf der „Streif“ gewonnen hat. In Kitzbühel hat man jahrelang Witze über deutsche Abfahrer gemacht. Nach dem Sieg von Thomas haben viele gesagt, dass es nur eine Eintagsfliege sei. Danach hat er in Kvitfjell nachgelegt und auch die Olympia-Kombiabfahrt für sich entschieden. Aber auch die anderen Jungs waren immer vorne mit dabei. Das ist schon ein Zeichen! Natürlich freut es uns, wenn so in ganz Ski-Deutschland das Interesse an unserer Sportart steigt.“

Mathias Berthold: "Es gibt noch sehr viel zu tun. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Im Gegenteil: Wir müssen noch einen Schritt konsequenter arbeiten." (Foto: Mathias Berthold / privat)
Mathias Berthold: „Es gibt noch sehr viel zu tun. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Im Gegenteil: Wir müssen noch einen Schritt konsequenter arbeiten.“ (Foto: Mathias Berthold / privat)

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