
Monaco – Die 1970 geborene Pernilla Wiberg ist eine der erfolgreichsten schwedischen Skirennläuferinnen der Weltcupgeschichte. Zwei Olympiasiege, vier Weltmeistertitel, eine große Kristallkugel und 24 Weltcupsiege sprechen eine deutliche Sprache. Zudem ist die in Monaco lebende Wiberg, eine von sechs Athletinnen, die in allen Disziplinen mindestens ein Rennen für ich entschieden haben und als Allrounderin zählen konnten.
Wir sprachen mit der sympathischen Zeitgenossin über ihren schönsten und emotionalsten Sieg, über ihren Werdegang nach ihrem Karriereende im April 2002, die schwedischen Torläuferinnen und vieles mehr.
skiweltcup.tv: „Pernilla, wenn man auf deine lange und erfolgreiche sportliche Laufbahn zurückblickt, weiß man, dass du 24 Weltcuprennen (2 Abfahrten, 3 Super-G’s, 2 Riesentorläufe, 14 Slaloms, 3 Kombinationen, Anm. d. Red.) gewonnen hast. Welches war dein emotionalster Sieg, und mit welchem Erfolg hast du – ehrlich gesagt – nicht gerechnet?“
Pernilla Wiberg: „Ich war immer eine der Besten im Slalom. Ich habe mir nicht erwartet, in der Abfahrt so gut und so erfolgreich zu sein. Aber es war eigentlich Ingemar Stenmark, der mich inspirierte, dort an den Start zu gehen. Ich wollte etwas erreichen, was ihm verwehrt war, und das war eine Abfahrt im Weltcup zu gewinnen!“
skiweltcup.tv: „Im April 2002 hast du deine Karriere als aktive Skirennläuferin beendet. Was hat sich seit jener Zeit bei dir getan, was machst du Schönes und bist du ab und zu bei einem Rennen wie beispielsweise dem City Event in Stockholm vor Ort anzutreffen?“
Pernilla Wiberg: „Nach dem Ende der Saison 2001/02, die mit den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City einen Höhepunkt hatte, habe ich für das schwedische Fernsehen SVT als Expertin für den alpinen Skirennsport gearbeitet. In den ersten Jahren habe ich nur die Weltmeisterschaften und die Olympischen Spiele kommentiert, aber nun sind auch Weltcuprennen dabei. Im abgelaufenen Ski-Winter kommentierte ich zwischen 30 und 35 Rennen. Ferner baute ich in einem schwedischen Skigebiet ein Hotel, das meinen Namen trägt. In diesem Gebiet arbeite ich auch als Botschafterin. Unter der Seite www.pernillawiberghotel.se kann man viele Informationen finden.Auf freiwilliger Basis habe ich auch den Vorsitz innerhalb einer FIS-Arbeitsgruppe inne. Dabei suchen wir Möglichkeiten die Verletzungen im alpinen Skisport zu verringern. Zudem bin ich seit 2012 Mitglied des Vorstandes der WOA und gehörte zwischen 2002 und 2010 dem IOK an. Die Athletinnen und Athleten haben mich und Manuela di Centa, bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City, als Athletenvertreter in die Sportlerkommission gewählt. Ich bin auch in der Organisation „Champion für den Frieden“, hier in Monaco. Diese hat das Ziel, „Frieden und Sport“ zu vereinen. Man möchte durch den Sport Wege finden, Menschen durch Integration und soziale Beziehungen in Kriegs- und Flüchtlingslagern zu helfen. Zu guter Letzt bin ich seit 2009 mit meinem Mann verheiratet. Wir haben zwei Kinder; Axel erblickte 2003 das Licht der Welt, Sofia vier Jahre später. Gemeinsam leben wir in Monaco.“

skiweltcup.tv: „Wenn man das weibliche Drei-Kronen-Team der Gegenwart etwas näher unter die Lupe nimmt, erkennt man, dass sowohl Frida Hansdotter als diesjährige Gewinnerin der kleinen Kristallkugel im Slalom-Weltcup als auch Maria Pietilä-Holmner, um zwei von vielen herauszupicken, äußerst erfolgreich sind. Hören die derzeitigen schwedischen Damen auf deine Tipps oder müssen sie sich nichts mehr sagen lassen?“
Pernilla Wiberg: „Das schwedische Frauenteam war und ist schon immer ein starkes Team. Hinter Frida und Maria gibt es viele Mädls, die nachkommen. In diesem Jahr gab es leider ein paar Verletzte. Zumal ich selber viele Verletzungen hatte, weiß ich, dass es möglich ist, die alte Form wieder zu erlangen und oft sogar noch besser zu werden!“
skiweltcup.tv: „Nicht nur in Materialfragen hat sich in den letzten Jahren der Skirennsport nahezu revolutioniert. Die kurzen Carvingskier sind fast schon alt, während der Airbag, der etwa Matthias Mayer, den österreichischen Abfahrtsolympiasieger von Sotschi, vor einer schwereren Verletzung bewahrt hat, in aller Munde ist. Findest du das gut, dass jahrein jahraus neue Regelungen kommen, um dem Publikum immer mehr Show zu bieten, oder hat man den Zenit überschritten?“
Pernilla Wiberg: „Man kann nie einen Schneeball stoppen, der ins Rollen gerät. Ich denke, dass die Änderungen in allem, was man tut, notwendig sind. Ich denke, wenn du das Gefühl hast, selbstzufrieden zu sein, dass man bald überholt wird. Was jedoch wichtig ist, ist wirklich der Gedanke bevor man handelt. Der Sport sollte nie nur wegen einem Gefühl verändert werden. Wir müssen wissenschaftlicher sein, wenn wir wichtige Entscheidungen treffen. Wir müssen uns nicht fürchten, einen Schritt zurückzusetzen, wenn eine Entscheidung, die gefällt worden ist, sich in erster Linie als falsch erwiesen hat.“
skiweltcup.tv: „Gibt es abschließend ein Lebensmotto, nach dem du als aktive und – wie anfangs angeschnitten – erfolgreiche und siegeshungrige Athletin gelebt hast und dass du heute in dein Privat- und Berufsleben nahtlos übertragen hast? Und gibt es etwas, was du gerne tust, um dem Alltag zu entfliehen und trotzdem die Werte, für die du stehst, zu bewahren?“
Pernilla Wiberg: „Ich habe viele Mottos: ‚Dumm ist der, der Dummes tut‘. Dieser Spruch stammt aus Forrest Gump, einem meiner Lieblingsfilme. Oder: ‚Niemand wird sich an einen Feigling erinnern‘, ‚Nutze den Tag‘!
Ich liebe es zu trainieren und jeden in der Nähe zu überzeugen, das Gleiche zu tun!“
Bericht und Interview für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner

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