26 August 2017

Schwedens Herren-Cheftrainer Heinzpeter Platter im Skiweltcup.TV-Interview

Schwedens Herren-Cheftrainer Heinzpeter Platter im Skiweltcup.TV-Interview (Foto: Klas Rockberg/SSF)
Schwedens Herren-Cheftrainer Heinzpeter Platter im Skiweltcup.TV-Interview (Foto: Klas Rockberg/SSF)

Wanaka/Mals/Stockholm – Zurzeit trainieren die schwedischen Skirennläufer fernab der Heimat im neuseeländischen Wanaka. An der Kommandobrücke steht mit dem Südtiroler Heinzpeter Platter ein erfahrener Mann. Er ist fachkundig, fokussiert, vielseitig interessiert und teamorientiert. Wir von Skiweltcup.TV baten ihn um einen kleinen Plausch und unterhielten uns mit ihm über die Stimmung im Team, das Schöne am Sport, Emotionen als wesentlicher Bestandteil des sportlichen Lebens und vieles mehr.

Skiweltcup.TV: Herr Platter, seit Jahren sind Sie als Trainer im schwedischen Skiverband tätig. Ihr Sohn Filip fährt sogar im Nachwuchsbereich des Drei-Kronen-Teams erfolgreich und wird wohl eines Tages das Weltcupgeschehen im positiven Sinn aufmischen und vielleicht dank der Tipps seines Vaters erfolgreich sein. Wie ist, wenn man das bisherige Sommertraining als Gradmesser hernehmen darf, die Stimmung in der Mannschaft?

Heinzpeter Platter: Ende Juli hatten wir in Zermatt einen guten Start, was das Skitraining betrifft. In der Schweiz hatten wir das Ziel, wieder Gefühl für Schnee und Material zu bekommen. Derzeit verweilen wir im neuseeländischen Wanaka und bleiben bis zum 5. September dort. Wir haben diese Ski-Destination als Vorbereitung für das bevorstehende Olympiajahr gewählt, da wir frühzeitig auf Kunstschnee trainieren möchten.

Innerhalb der Mannschaft ist die Stimmung sehr gut. Wir haben neben André Myhrer, Mattias Hargin und Matts Olsson die drei jungen Athleten Kristoffer Jacobsen, Mattias Rönngren und Gustav Lundbäck in die Weltcup-Gruppe aufgenommen. Wir hoffen, dass die drei zuletzt genannten Läufer von der Erfahrung der älteren Teamkollegen lernen und profitieren können.

Filip hat sich selbst für diese Sportart entschieden. Gemeinsam mit dem 1994 geborenen Felix Monsen gehört er der Europacup-Gruppe an. Zudem wird er von erfahrenen Trainern betreut. Olle Sundin und Zack Monsen sind auch als Athleten mit von der Partie. Sundin und Monsen sind gleich alt wie mein Sohn; hierbei gilt es, die 1997er-Athleten langsam an Europacup- und Weltcuprennen heranzuführen.

Was ist für Sie persönlich das Schöne am Sport im Allgemeinen und am alpinen Skirennsport im Besonderen? Und als philosophisches Sahnehäubchen: Sind Ihrer Ansicht nach Menschen, die mit dem Skisport in irgendeiner Art und Weise zu tun haben, glücklicher oder gar erfüllter?

Das Schöne am Sport im Allgemeinen ist, dass ihn jeder machen kann, aber nicht muss wenn er nicht will. Für mich war im alpinen Skirennsport das Besondere, in einer Gruppe zu trainieren und dennoch alleine vom Start bis ins Ziel zu sein. So liegt es an dir selbst, wie du die Situationen lösen willst. Wenn du Erfolg hast und das Ziel erreicht hast, das du dir selbst setzt, bist du glücklich und erfüllter. Ferner macht es mir Spaß und Freude, mit jungen Athleten zu arbeiten und sie auszubilden.

Heinzpeter Platter und André Mhyrer im Gespräch (Foto: Klas Rockberg/SSF)
Heinzpeter Platter und André Mhyrer im Gespräch (Foto: Klas Rockberg/SSF)

Sie kommen aus Südtirol und leben auch in Skandinavien. Was unterscheidet einen Südtiroler von einem Schweden? Gibt es Parallelen und welchen, typisch schwedischen Charakterzug haben Sie sich im Laufe dieser langen Zeit angeeignet?

Seit 21 Jahren bin ich mit Agneta aus Stockholm verheiratet. Wir haben zwei Söhne. Filip ist – wie gesagt – 20 Jahre alt; Jonas ist vier Jahre jünger. Wir wohnen im Vinschger Ort Mals in Südtirol. In der warmen Jahreszeit wohnen wir meist in Stockholm bei den Eltern meiner Frau. Auch Agneta ist im Skizirkus unterwegs. So arbeitet sie seit zwei Jahren als verantwortliche Konditionstrainerin bei den kanadischen Speed-Herren.

Nun ja, in Schweden ist man ruhiger und diskutiert gemeinsam und kommt zu einer Lösung. Man braucht manchmal etwas länger, aber man kommt zum Ziel…

Sport erweckt Emotionen, Sport lässt Gefühle zu. Wann haben Sie das letzte Mal nach einem Rennen geweint, und warum ist dieses Schlüsselereignis der Grund dafür, dass Sport mehr als nur eine Lebensschule ist?

Wenn man zusammen mit den Trainern und den Läufern auf ein Ziel hingearbeitet und es nicht immer erreicht, wird man enttäuscht und sucht Antworten auf diese Fragen bei sich selbst. Kommt aber ein Resultat fast unerwartet, wird man innerlich froh. So kann es sein, wenn der Athlet es geschafft hat, dass eine Träne der Freude fließt.

Beispiele gibt es zur Genüge. So ist André Mhyrer beim Riesenslalom in Sölden von Position 16,17 auf den dritten Rang nach vorne geprescht. Ein ähnlicher Husarenritt ist Matts Olsson beim Riesentorlauf in Garmisch-Partenkirchen gelungen. Auch er lag zur Halbzeit außerhalb der Top-15, und am Ende wurde er Zweiter.

Aber auch der sechste Platz meines Sohnes Filip, erzielt bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Åre bei der Abfahrt ist ein gutes Beispiel. Dieser Erfolg in der eigenen Familie hat auch viele Emotionen in mir geweckt.

Was machen Sie, wenn Sie nicht an Hundertstelsekunden, interne Qualifikationen, Slalomstangen, Abfahrtsskier, Mannschaftssitzungen und ähnliche Ski-Vokabeln denken? Was sind in Ihren Augen Werte, für die es sich auszahlt zu kämpfen und die Sie persönlich sowohl auf sportlicher als auch auf zwischenmenschlicher Ebene hoch halten?

Ich war selbst ein Weltcup-Athlet. Den großen Sprung habe ich nicht geschafft. Nach meiner Ski-Karriere wurde ich gefragt, ob ich meine Erfahrung als Trainer einbringen könnte. Für mich ist es faszinierend, in der freien Natur zu arbeiten und mit jungen Menschen zusammen zu sein. Wir leben mit den Kollegen im Betreuungssektor und den Läufern mehr als 200 Tage zusammen. Sozusagen liegt es auf der Hand, dass sich eine freundschaftliche Beziehung bildet.

Ferner kommen wir mit vielen Menschen auf der Welt in Kontakt und können Freunde fürs Leben finden. Da wir mit unserem derzeitigen Lebensstil nicht oft zu Hause sind, können wir uns leider nicht so häufig mit den Freunden daheim treffen.

Bericht und Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner

Heinzpeter Platter (Foto: Klas Rockberg/SSF)
Heinzpeter Platter (Foto: Klas Rockberg/SSF)

 

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