22 August 2017

Skiweltcup.TV-Interview: Wie Conny Hütter und Christian Walder von ihrer Leidenschaft profitieren

Christian Walder und Conny Hütter im Skiweltcup.TV-Interview (Foto: Apomedica/Kniepeiss)
Christian Walder und Conny Hütter im Skiweltcup.TV-Interview (Foto: Apomedica/Kniepeiss)

Kumberg/Fresach – Im vorletzten Winter überzeugte uns die sympathische Steirerin Cornelia „Conny“ Hütter mit Siegen und Podestplätzen. In der letzten Saison verletzte sie sich und konnte daher nicht an ihre Errungenschaften anknüpfen. Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass es ihr wieder gut geht und sie nur so vor Tatendrang strotzt. Sie freut sich auf ihre neuen Herausforderungen und will mit neuem Material wieder angreifen.

Auch ihr Freund Christian Walder ist ein Skirennläufer. Auch er hat sich verletzt. Im Doppelinterview mit Skiweltcup.TV berichten beide über viele Aspekte des Skirennsports und die Leidenschaft, die sie beide teilen.

Skiweltcup.TV: Conny, im Winter 2016/17 hast du uns alle mit mehr als sehr guten Ergebnissen erfreut. Im letzten Jahr hast du dich leider früh verletzt, sodass an ein Egalisieren oder Verbessern deiner Resultate nicht zu denken war. Wie geht es dir heute, und was können wir über deinen Gesundheitszustand gepaart mit deinen Aufbauprogrammen in Erfahrung bringen?

Conny Hütter: Danke, es geht mir sehr gut. Die Pause ist nun endlich vorbei, ich kann wieder auf Skiern stehen und habe in der ersten Augustwoche die ersten Schwünge in den Schnee gezaubert. Es war ein ganz besonderes Gefühl, als ob ich nie verletzt gewesen wäre und keine Pause gemacht hätte. Und das alles noch dazu mit neuem Material, auf HEAD-Skiern! Es war noch weicher Schnee, wie es mir auf härteren und eisigeren Bedingungen geht, werden wir erst sehen.

Ich bin aber extrem motiviert und freue mich riesig. Ich habe meine Therapie und das Aufbauprogramm in den letzten Monaten gewissenhaft und ordentlich durchgezogen. Klar hat es hin und wieder kleine Rückschläge gegeben, aber auf die muss man genau eingehen und sie zur Kenntnis nehmen. Ich fühle mich auf jeden Fall fit und bereit, im Trainingslager in Chile im September werden wir dann sehen, wie weit ich schon ans Limit gehen kann.

Christian, du bist ein junger, motivierter Skirennläufer aus Österreich, genauer gesagt aus Kärnten. Kannst du dich ein wenig vorstellen, deinen sportlichen Lebensweg skizzieren und im Hinblick auf die bevorstehende Saison den letztjährigen Winter mit allen positiven und negativen Aspekten Revue passieren lassen?

Christian Walder: Ich bin in Fresach, in der Nähe unseres „Kaisers“ Franz Klammer, aufgewachsen. Skifahren war von klein auf meine große Leidenschaft, und nach der Skihauptschule führte mich mein Weg nach Schladming in die Skihandelsschule. Spätestens da war klar: „Ich will Skirennläufer werden.“

In der Saison 2015/16 durfte ich erstmals ein bisschen in den Weltcup reinschnuppern, über den Europacup habe ich mich dann für den Weltcup qualifizieren können. Die letzte Saison war meine erste volle im Weltcup – ich konnte mich in beiden Speeddisziplinen unter den Top-30 klassieren, und das war für mich ein schöner Erfolg. Aber es geht natürlich noch viel mehr. Gerade das letzte Jahr hat gezeigt: Je länger die Saison dauerte, umso besser bin ich geworden. Ich habe viel gelernt, und werde von Rennen zu Rennen schneller. So soll es weitergehen!

Conny, Erfolge sind schön und auch der Lohn für die harte Arbeit. Du hast, wie erwähnt, im letzten Winter auch die Kehrseite der Medaille kennengelernt. Aus welchem Grund ist es wichtig, die richtigen Schlüsse zu ziehen um voran zu kommen und den sportlichen Wettstreit als optimale Lebensschule zu erkennen?

Conny Hütter: Ich habe mich von Anfang, also vom ersten Tag der Verletzung an, intensiv damit auseinandergesetzt. In den ersten Stunden nach dem Sturz war ich natürlich deprimiert, aber schon bald habe ich diese Sache angenommen und mir gesagt, dass dies einfach dazugehört und dass man daraus das Beste machen muss.

Es klingt vielleicht komisch, aber diese Situation war für mich sogar irgendwie interessant, weil ich noch nie so eine Phase hatte, nie schwerer verletzt war. Zu erleben, wie man aus solchen Situationen wieder rauskommt, prägt einen und gehört zum Leben dazu.

Ich bin der Meinung, dass der Sport sowieso eine optimale Schule für das Leben ist. Man muss ständig flexibel und schnell auf Dinge reagieren, denn heute kann alles perfekt laufen und morgen kann alles wieder schiefgehen.

© HEAD / Christian Walder
© HEAD / Christian Walder

Christian, in der letzten Saison hast du dich – wie deine Freundin Conny (Hütter, Anm. d. Red.) – leider auch verletzt. Was dürfen wir über deinen Gesundheitszustand in Erfahrung bringen? Wann stehst du das erste Mal wieder auf den Brettern, und verläuft demzufolge deine sommerlichen Trainingseinheiten anders, weil eben etwas individuell abgestimmt, ab?

Christian Walder: Dass ich mich am Ende der Saison verletzt habe, war natürlich ein Rückschlag. Aber als Skirennläufer musst du solche Szenarien immer ein bisschen im Kopf haben. Mein Glück im Unglück war, dass nur das Kreuzband gerissen war, Außen- und Innenbänder und die Menisken haben nichts abbekommen. Das macht den Heilungsverlauf kürzer.

Daher gehe ich davon aus, dass ich im September wieder auf Skiern stehen werde. Bei den Trainingseinheiten im Sommer habe ich natürlich darauf Rücksicht nehmen müssen, aber trotzdem konnte ich mein geplantes Aufbauprogramm ohne Probleme abspulen.

Conny, wenn du wieder ganz gesund bist, wirst du wieder als passionierte und nach Adrenalin süchtige ÖSV-Speedspezialistin im Kampf um Hundertstelsekunden eingreifen. Kann man als Skirennläuferin zum Adrenalinjunkie werden, oder ist, wenn man deine Disziplin topmotiviert und energisch durchzieht, das nahezu vorprogrammiert?

Conny Hütter: Ich glaube, man muss vorher schon Adrenalinjunkie sein, um eine Skikarriere überhaupt erst starten zu können. Nur wenn man dieses Gefühl von klein auf liebt bzw. vielleicht sogar schon damit geboren wurde, kann man es richtig ausleben.

Mich haben Geschwindigkeiten, egal mit welchem Sportgerät oder mit welchen Fahrzeugen immer schon fasziniert. Ohne das würde es nicht funktionieren, und man könnte sich nie überwinden, dass man sich eine steile, eisige Skipiste hinunterstürzt.

Helfen Videos von früheren Erfolgserlebnissen auf dem Weg zurück, oder wie gelingt es dir, positive Bilder aus dir wieder hervorzuholen, wenn es darum geht, die Verletzung psychisch zu bearbeiten und dich durch die lange Rehabilitationsphase zu quälen? Christian, sind da auch Gespräche, in denen du frei berichtest, was dich belastet, ein Vorteil?

Christian Walder: Als Skirennläufer lernst du mit der Zeit, negative Erlebnisse schnell abzuhaken und den Fokus nach vorne zu richten. Mit dem Schicksal hadern und verzweifeln, warum etwas passiert ist, bringt nichts. Daher nehme ich mir immer vor: Fehler analysieren, daraus lernen, und dann gleich nach vorne schauen.

So habe ich es auch nach der Verletzung gemacht. Ich bin nie in ein Loch gefallen oder war verzweifelt, sondern habe immer gewusst, dass ich wieder topfit zurückkomme. Natürlich helfen da auch Gespräche mit meinem Mentaltrainer.

Conny Hütter geht in Südkorea mit Head-Ski auf Medaillenjagd (Foto: Conny Hütter / Facebook)
Conny Hütter geht in Südkorea mit Head-Ski auf Medaillenjagd (Foto: Conny Hütter / Facebook)

Weshalb ist, wenn Conny Hütter ihr Betreuerteam und alle Entwickler rund um deinen Ski-Ausrüster betrachtet, Leidenschaft und Loyalität außerordentlich – und das auf beiden Seiten – sehr wichtig? Und warum ist es auf keinen Fall verkehrt, auch authentisch und sich seinen Idealen treu zu bleiben?

Conny Hütter: Man fährt zwar alleine den Berg runter und ist als Skifahrer mehr Einzelkämpfer als Teamsportler. Aber dennoch braucht man als Rennläufer um sich herum ein funktionierendes Team. Ohne Servicemann etwa könnte ich nie ein Rennen erfolgreich bestreiten. Man muss sich gegenseitig vertrauen können, auch wenn es manchmal schwierige Phasen gibt.

Das Um und Auf sind aber Respekt und Ehrlichkeit. Das gilt nicht nur für den Sport, sondern auch für das ganze Leben. Fehler macht jeder, wenn man dazu steht und sie versucht wieder gutzumachen bzw. auszubessern, dann lernt man daraus. Und was ich besonders wichtig finde, ist es, jederzeit authentisch zu bleiben. Egal, wem ich gegenüberstehe, ich will immer so sein wie ich bin und mich für niemanden verstellen.

Christian, zum Thema sommerliche Trainingseinheiten hat jedes Team oder besser gesagt fast jeder Athlet seine persönliche, ja individuelle Meinung. Wie sieht es bei dir aus? Auf was legst du besonders Wert? Ausdauer, Kraft, Koordination und mentale Kraft… und wie sehr ist deine Freundin Conny, die die gleiche Leidenschaft mit dir teilt, eine Stütze, den eingeschlagenen Weg konsequent zu gehen?

Christian Walder: Es müssen alle Bereiche berücksichtigt werden – Ausdauer, Kraft, Koordination, Schnelligkeit, Reaktion. Das Training sollte abwechslungsreich gestaltet werden, damit es nie eintönig wird. Natürlich war es heuer etwas anders, weil ich durch die Verletzung einen anderen Umfang trainiert habe bzw. die Übungen anders aufgebaut waren.

Ich bin der Meinung, dass Conny und ich durch unser gemeinsames Training profitieren können. Als Mann willst du ja immer zeigen, dass du stärker, ausdauernder, schneller bist, als Frau willst du den Abstand zum Mann verkürzen. So gesehen pushen wir uns gegenseitig und der Schmäh kommt auch nie zu kurz.

Conny, bleibt dein Lebensmotto: Wie lautet es, und wer hat es das erste Mal – und in welchem Zusammenhang – zu dir gesagt? Und warum wirst du es eines Tages deinen jüngeren Mannschaftskolleginnen auch vielleicht mitgeben?

Conny Hütter: So ein richtiges Lebensmotto hab ich nicht unbedingt, aber der Spruch „Von nix kummt nix“ gefällt mir sehr gut, und den verwende ich des Öfteren. Wenn man nichts tut, sich nicht anstrengt, dann wird man auch nicht viel erreichen.

Wer sich daheim auf die Couch legt und wartet, dass eines Tages der Erfolg automatisch kommt, wird enttäuscht werden. Diesen Spruch kann man jedem mit auf den Weg geben, denn dieser passt nicht nur zu Sportlern, sondern generell zum ganzen Leben.

Die Zusammenführung, die der Sport bietet, ist eine der bedeutsamsten Aufgaben, um auch einen gesellschaftspolitischen Frieden zu erhalten. Worauf muss aus der Sicht von Christian Walder in den kommenden Jahren der Schwerpunkt im Sport, egal ob Breiten- oder Leistungssport und in Integrationsfragen liegen?

Christian Walder: Das Um und Auf wird sein, dass man die Kinder wieder stärker zum Sport bringt. Man muss sie von der Couch, vom Handy oder vom Fernseher wegbringen und ihnen die Wichtigkeit der Bewegung näherbringen. Wichtig sind auch die Werte, die der Sport vermittelt. Die sollte man immer voranstellen.

Im Sport sind Nationen, Kulturen oder Hautfarben meistens egal; es gibt keine Unterschiede von Menschen. Im Sport halten die Menschen viel mehr zusammen als im normalen Leben. Wenn man sich zum Beispiel eine Fußballmannschaft anschaut, da spielen oft Fußballer aus zwölf Nationen oder mehr in einem Team und kämpfen gemeinsam um den Erfolg. Der Sport führt die Menschen zusammen. Das ist das, was zählt.

Bericht und Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner

Skiweltcup.TV-Interview: Wie Conny Hütter und Christian Walder von ihrer Leidenschaft profitieren (Foto: Conny Hütter / privat)
Skiweltcup.TV-Interview: Wie Conny Hütter und Christian Walder von ihrer Leidenschaft profitieren (Foto: Conny Hütter / privat)

 

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