Marc Giradelli im Skiweltcup.TV-Interview: „Nach wie vor verdienen Skirennläufer zu wenig!“

Marc Giradelli im Skiweltcup.TV-Interview: „Nach wie vor verdienen Skirennläufer zu wenig!“ (Foto: Marc Giradelli privat)
Reute – Marc Giradelli muss eigentlich nicht vorgestellt werden. Der ehemalige Skirennläufer, der aus Vorarlberg stammt und später für das Großherzogtum Luxemburg Rennen bestritt und nahezu fast alles gewann, was man gewinnen kann, ist ein Tausendsassa. Er ist nicht nur ein gefragter Referent, sondern auch ein Buchautor und neuerdings für das Schweizer Fernsehen als Experte unterwegs.
Wir unterhielten uns mit dem 54-Jährigen über seine Bücher, seine Karriere, die vielleicht ausgestorbene Spezies der Ski-Allrounder im Skisport und vieles mehr.
Skiweltcup.TV: Marc, der österreichische Schriftsteller Peter Handke wurde mit seinem Buch „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ berühmt. Auch du hast neulich ein Buch geschrieben, das gerade promotet wird. Eine mehrteilige Frage zu Beginn: Darf man als Skirennläufer Angst vor der Abfahrt haben? Was macht einen kompletten Abfahrer aus? Und wieso ist es besser, „nur“ mit Respekt und Adrenalin in den Adern im Starthaus zu stehen?
Marc Giradelli: Angst ist, wenn man Rennläufer ist, immer präsent, und es ist egal, ob das vor Verletzungen oder Niederlagen ist. Nach mehr als 20 Jahren, seitdem ich den Rennsport an den Nagel gehängt habe, stelle ich fest, dass es bei mir eher die Angst vor der Niederlage war. Man ist sich aber bewusst, dass immer etwas passieren kann, auf das man keinen Einfluss hat. so kann auch etwas auf dem Zebrastreifen passieren. Meistens passiert weniger, wenn man sich auf eine aggressive, volle Fahrt einstellt, als wenn men eine zögerliche Einstellung an den Tag legt.
Adrenalin ist immer gut, weil es den Renn-Verstand schärft. Gesunder Respekt oder sogar eine bestimmte Art von Angst sind für einen Rennläufer wichtig, um nicht über die Grenzen ins Gefährliche abzudriften. In meinem Kriminalroman „Abfahrt in den Tod“ sowie der Nachfolgekrimi „Mordsschnee“, der gerade neu erschienen ist, behandelt u.a. Gefühle, Gedanken und Ängste eines Rennläufers vor dem Start und während des Rennens. Da habe ich wirklich aus meinen Innersten Gefühle rausgeholt, die mir schon seit Jahrzehnten im Kopf rumschwirren. Es war sehr interessant für mich, mit Abstand wieder in den Rennlauf einzutauchen, wie ich ihn damals erlebt, gefürchtet und genossen habe.
Deine sehr erfolgreiche Karriere wurde immer wieder durch schwere Verletzungen jäh gestoppt. Wie gescheit war es im Nachhinein, nach der x-ten Operation wieder in einen neuen Winter zu starten? Und wie bedeutsam ist es trotzdem, auf seinen eigenen Körper zu hören, ohne dass man den „inneren Schweinehund“ gewinnen lässt?
Der Neuanfang, oder besser die Neuanfänge während meiner Ski-Karriere waren sehr wichtig für mich. Das Handtuch werfen kann jeder, aber aus dem Tief wieder nach oben zu kommen, eben nicht. Für mich war immer klar, je mehr die Leute mir von einem neuen Versuch abrieten, desto mehr war ich motiviert, noch härter zu trainieren.
Erst dadurch drang ich tiefer in meine Gefühlswelt ein und konnte den inneren Schweinehund „lokalisieren“ und bändigen. Als Spitzensportler kämpft man ständig mit dieser Schwäche, die immer wieder neue Wege findet, den Hebel anzusetzen. Man wird müde, ihn zu überwinden. Aber um der Beste zu sein, muss man das jeden Tag und vor allem im Rennen machen.
Luc Alphand aus Frankreich hat als klassischer Speedspezialist einmal die große Kristallkugel für sich entschieden. Und wenn wir den Super-G-Sieg in Nordamerika von Marcel Hirscher ausklammern, ist der Salzburger hauptsächlich durch die konstanten Erfolge als Techniker zu Gesamtweltcupehren gekommen. Du warst ein Allrounder. Sind diese Spezies nicht mehr gefragt, oder ist das zu dichte Programm schuld daran, dass fast niemand mehr auf hohem Niveau diese Strapazen auf sich nimmt?
Zu meiner Zeit war eben ein Mann mit dabei, der Pirmin Zurbriggen hieß. Er war in der Lage, überall zu gewinnen. Und gegen solche Gegner reichen zwei Disziplinen einfach nicht aus, um ihn zu schlagen. Somit blieb mir nichts anderes übrig, als ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.
Ich bin stolz darauf, dass ich als Slalomfahrer die wichtigsten Abfahrten gewinnen konnte und die Disziplinenkugeln dazu. Heute wäre es fast leichter für einen Athleten, überall fahren zu können. Die Carvingskier sind nicht mehr so weit voneinander entfernt, wie die Skier zu meiner Zeit. Mit einem Abfahrtsski von heute könnte man alle Slaloms in den 1980er-Jahren gewinnen.
Als Ski-Laie denkt man, Skirennläufer seien eigentlich alle gleich gut und schnell. Und oft entscheidet eine lächerliche Hundertstelsekunde über Sieg und Niederlage. Man kann auch das Ganze als sprichwörtlichen Wimpernschlag bezeichnen. Aus welchem Grund sind oft diese kleinen Zeitintervalle ein Riesenunterschied und parallel dazu die schmale Gratwanderung zwischen gutem und sehr gutem Athleten?
Das ist in anderen Sportarten auch so. Denken Sie an Rodeln oder Eisschnelllauf. Ein guter Golfer namens Gary Player hat man gesagt, „je mehr ich auf der Drivingranch trainiere, desto mehr Glück habe ich im Spiel“. Im Skifahren ist Training auf Schnee nicht alles, aber kombiniert mit einem klaren und hungrigen Kopf, wird sich der Erfolg einstellen, auch wenn ein Sieg dann nur eine Zehntelsekunde Vorsprung aufweist. Heute kann man sagen, ein Sieg mit zwei Zehntelsekunden Vorsprung ist ein klarer Sieg. Eigentlich schon sehr knapp.
Wenn du der sprichwörtlich guten Fee begegnen würdest, welche drei Wünsche hast du dir für den Skiweltcup und für dich bereitgestellt?
- Ich war oft zu wenig aggressiv beim Rennen. Ich würde also gerne noch mehr Aggressivität ins Rennen bringen, was mir sicherlich zu mehr Erfolg helfen würde.
- Die vielen Ideen, die ich hatte, aber vor allem eine ganz große, konsequenter und strategischer angehen. Dann hätte ich die Carving-Technologie schon Mitte der 1980er-Jahre entwickelt und damit sicherlich zumindest eine Saison lang, ausnahmslos alle Rennen vom Slalom bis zu Abfahrt gewinnen können.
- Ein gutes Management-Team für den gesamten Weltcup, der es versteht, den Skisport richtig zu promoten und zu verkaufen. Denn mit diesem irrsinnigen Risiko und der Opferbereitschaft der Athleten verdienen diese viel zu wenig. Der Skisport sollte auch eine Popularität erreichen, wie es Golf, Tennis oder Fußball haben. Mit einem guten Team könnte man sich sicherlich stark in diese Richtung verbessern.
Bericht und Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner
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