Website-Icon Ski Weltcup Saison 2024/25

Patrick Ortlieb im Skiweltcup.TV-Interview: „Man soll stets das respektvolle Miteinander in den Vordergrund stellen!“

© HEAD / Patrick Ortlieb im Skiweltcup.TV-Interview: „Man soll stets das respektvolle Miteinander in den Vordergrund stellen!“
© HEAD / Patrick Ortlieb im Skiweltcup.TV-Interview: „Man soll stets das respektvolle Miteinander in den Vordergrund stellen!“

Oberlech/Bozen – 1992 wurde Patrick Ortlieb Abfahrtsolympiasieger. Der Vorarlberger ging mit der Startnummer 1 ins Rennen und avancierte zum großen Skirennläufer. Die Siegesfahrt gepaart mit allen Emotionen sorgt, wenn man den Husarenritt auf der Video-Plattform YouTube verfolgt, nach wie vor für Gänsehaut.

Vier Jahre später wurde der sympathische Athlet aus dem westlichsten Bundesland Österreichs Weltmeister. Wir unterhielten uns mit ihm über diese zwei Großereignisse, seine ebenfalls im Skizirkus fahrende Tochter Nina, Werte zum Meistern des Alltags und vieles mehr.

Skiweltcup.TV: Patrick, du bist vor 25 Jahren im französischen Albertville Abfahrtsolympiasieger geworden. Vier Jahre später bist du auch in der spanischen Sierra Nevada Abfahrtsweltmeister geworden. Welcher Sieg war der Überraschendere, welcher der Schönere?

Patrick Ortlieb: Eindeutig war der Olympiasieg der größte Erfolg. Ich war in Frankreich zwar im erweiterten Favoritenkreis, aber nicht der Topfavorit. Die Gastgebernation hatte alles daraufgesetzt, dass Franck Piccard gewinnt. Aber als ich mit der Nummer 1 ins Ziel kam, wusste niemand, dass diese Zeit von keinem mehr unterboten werden würde. Es war aber eine sehr knappe Entscheidung, Piccard war nur um fünf Hundertstelsekunden langsamer als ich. Und mein Teamkollege Günther Mader landete auf der sehr anspruchsvollen und kurvenreichen La face de Bellevarde weitere 0,05 Sekunden dahinter auf Rang drei.

Bei den darauffolgenden Olympischen Winterspielen in Lillehammer war ich der große Favorit. Aber es hat da nicht so gepasst. Ich wurde Vierter; hätte aber Geschichte schreiben können, das weiß ich. Aber bei den Welttitelkämpfen haben alle den Sieg von mir erwartet. Und ich habe mich da auch unter Druck setzen lassen und habe „mein Ding“ durchgezogen. Es ist bekanntlich gut ausgegangen, aber der Olympiasieg steht – wie gesagt – eine Stufe höher als der Weltmeistertitel.

Deine Tochter Nina hat das Skirennfahrergen von dir geerbt. Sie wird bald im Weltcup richtig Fuß fassen und wohl auch in die großen Fußstapfen ihres bekannten Vaters treten. Sprecht ihr beim gemeinsamen Essen eigentlich nur übers Skifahren, oder gibt deine Frau am Mittagsessen das Gesprächsthema vor?

Nein, nein, so wild ist es bei uns nicht. Ich habe auch zwei andere Kinder. Diese fahren nicht Ski wie Nina. Sicher sprechen wir auch übers Skifahren. Aber wir reden auch über andere Themen. So gesehen ist das bei uns wie bei jeder normalen Familie auch. Der Skirennsport ist ein Teil unseres Lebens, ohne Zweifel. Aber es gibt auch ein Leben ohne Skifahren.

© HEAD / Patrick Ortlieb

Du hast den Skisport als Teil des Lebens angesprochen. Welche Werte sind für dich im Leben wichtig, und welche gibst du gerne Nina und deinen Kindern mit auf den Weg? Warum ist es bedeutend, Werte vorzuleben und weiterzugeben?

Zuerst muss ich ausholen. Uns geht es gut, wir sind gesund. Und wenn ich mir einmal im Sommer etwas Zeit für mich nehme, dann habe ich auch mein Recht dazu. Ich bin 50 Jahre alt und genieße mein Leben. Trotzdem habe ich in meinem Leben gelernt, dass es sehr wichtig ist, anderen Menschen immer mit Respekt zu begegnen. Respekt ist ganz bedeutend. Da ist es nicht so bedeutend, ob der andere eine große Leistung erbracht hat oder nicht.

Dann ist auch das Zwischenmenschliche sehr wichtig. Als Skirennsportler, der dazu noch erfolgreich ist, ist man sicher auch ein wenig egoistisch. Aber auch das gehört dazu. Wenn man aber auch andere an den Errungenschaften teilhaben lässt, kann man viel mehr erreichen als wenn man alleine ist. So gesehen geht es uns allen besser. Der Wert des respektvollen Miteinanders sollte gepflegt und nach bestem Wissen und Gewissen vorgelebt werden.

Szenenwechsel: Im Jahr 1994, als in Lillehammer die Olympischen Winterspiele ausgetragen wurden, hat San Marino, seines Zeichens die älteste Republik der Welt einen schönen Briefmarkenkleinbogen herausgegeben. Neben Skisprung-Olympiasieger Ernst Vettori ziert eine Briefmarke auch eine Sequenz deines Goldlaufs von Albertville. Was sagst du zu dieser Ehre?

Ich wusste, dass die österreichische Postverwaltung eine personalisierte, selbstklebende Briefmarke herausgegeben hat. Auf dieser bin ich zu sehen. Diese Auszeichnung hat mich sehr gefreut, und man hat mir auch einige Postwertzeichen zukommen lassen. Das von San Marino ist mir neu, das muss ich mir näher anschauen. Das habe ich nicht gewusst.

Abschließend nochmals zu deiner Tochter Nina. Sie ist jung, hochtalentiert, ehrgeizig und sicherlich gewillt, eines Tages ein Weltcuprennen zu gewinnen. Wird sie nach Christine Scheyer das nächste Vorarlberger Siegergesicht im Damen-Weltcup werden? Würdest du das so unterschrieben?

Wichtig ist, dass meine Tochter gut fährt und vor allem, dass sie gesund bleibt. Christine Scheyer hat über Jahre hinweg mit Nina trainiert. Und ich habe sie als Präsident des Vorarlberger Landesskiverbandes, so weit es mir eben möglich war, auch unterstützt. Daher kenne ich sehr gut und kenne ihren Entwicklungsgang.

Sagen wir so, unterschreiben würde ich es nicht. Aber ich würde mich sehr freuen. Der väterliche Stolz darf schon durchscheinen. Wir haben ein junges und schlagfertiges Team, das uns kurz- bis mittelfristig sehr viel Freude bereiten wird. Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass Nina ihren Weg finden und Teil dieser hungrigen und ehrgeizigen Mannschaft sein wird.

Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner

 

Anlässlich der Olympischen Winterspiele 1994 in Lillehammer widmete die sanmarinesische Postverwaltung u.a. Abfahrtsolympiasieger Patrick Ortlieb eine Sonderbriefmarke.

 

 

[display-posts category=“news“, posts_per_page=“30″]

Die mobile Version verlassen