Uderns – Nach dem Damentrainer Jürgen Graller stand uns beim DSV-Medientag im Zillertaler Uderns auch Mathias Berthold, seines Zeichens Herren-Bundestrainer Rede und Antwort. Der Österreicher sprach über die Entwicklung des Speedteams, die ersten Schneetag, den Auftakt in Sölden, die Olympischen Winterspiele in Südkorea und vieles mehr.
Skiweltcup.TV: Der DSV stellte in der abgelaufenen Saison auch eine starke Speed-Mannschaft. Wie zufrieden bist du mit der Entwicklung des Speed-Teams?
Mathias Berthold: Im Speedbereich konnten wir, wie bereits in den Jahren zuvor, einen weiteren Schritt nach vorne setzen. Wir sind nun in der glücklichen Situation, dass wir drei Athleten unter den besten 25 haben. Dies ist sehr erfreulich, und zeigt, dass das Konzept, das ich bei Arbeitsantritt vorstellte, mit der Entwicklung mithalten kann. Darüber bin ich sehr happy, wohlwissend, dass wir nun noch zwei, drei Schritte nach vorne machen müssen.
Du hast dir bei deinem Amtsantritt 2014 das Ziel gesetzt, dass der DSV bis 2018 Rennläufer präsentiert, die um ein Podest mitfahren können. Dieses Ziel scheint absolut in Reichweite…
Leider haben wir dieses Podest, das wir uns schon im letzten Jahr erwartet haben, um ein paar Hundertstelsekunden verpasst. Bei der WM fehlten Andreas Sander 19 Hundertstelsekunden zur Medaille. Trotz der Traurigkeit über die verpasste WM-Medaille war es auch noch nicht ganz realistisch. Wir arbeiten nun hart, um diese Situation in dieser Saison realistisch umsetzten zu können. Das wäre das große Ziel.
Wie verliefen das Sommertraining und die ersten Schneetage?
Mit der Vorbereitung bin ich bis auf die Verletzungen sehr zufrieden. Im Riesenslalom müssen wir bis Sölden noch im technischen Bereich arbeiten, um uns an das neue Material richtig zu gewöhnen. Ich gehe aber sehr positiv in die neue Saison. Die Jungs arbeiten sehr fleißig und konzentriert; da hat man als Trainer seine Freude.
In Kürze steht das Weltcup-Opening in Sölden auf dem Programm. Wie wichtig ist diese erste Standortbestimmung für dich als Trainer?
Es ist das Rennen vor der Saison. Aber der Weltcupauftakt in Sölden ist gerade in diesem Jahr ein sehr wichtiges Rennen, da es vom ersten Rennen an um die Olympia-Qualifikation geht. Es ist der erste richtige Vergleich mit den anderen Nationen und zeigt wie gut man sich mit dem neuen Material zurechtfindet.
Dann kann man ein erstes Fazit ziehen, wie wir, aber auch die Skifirmen, gearbeitet haben. Darum hat das Saison-Opening in diesem Jahr einen größeren Wert. Die Zeit zwischen dem ersten Rennen in Sölden und das Umsetzen der Erkenntnisse bis zu den nächsten Rennen werden unheimlich wichtig. Die letzten Wochen bis zum ersten Rennen trainieren wir im Pitztal, Mölltal und in Sölden vermehrt im Riesenslalom.
In den letzten Jahren mussten wir immer wieder über die Rückenprobleme von Felix Neureuther berichten. Es schein ein gutes Zeichen zu sein, dass wir in diesem Sommer auf diesem Gebiet „arbeitslos“ waren…
Die Rückenprobleme von Felix Neureuther haben wir über die Jahre hinweg eigentlich sehr gut in den Griff bekommen. Er war etwas „gescheiter“, aber auch wir haben die Situation etwas besser kennengelernt. Man weiß nie was um die Ecke kommt, aber zurzeit gibt es keine großen Probleme. Es ist zwar nicht super, aber in Ordnung.
Können wir uns in der kommenden Saison auf einen Senkrechtstarter im DSV-Herrenteam freuen?
Ich habe schon einige Rennläufer im Ärmel, denen ich sehr viel zutraue. Ich bin aber nicht derjenige, der einen herausheben möchte. Einerseits möchte ich den anderen nicht Unrecht tun, anderseits möchte ich niemanden unter Druck setzten. Aber es gibt schon einige Rennläufer, die die Möglichkeit haben, sowohl im Speed- als auch im Technikbereich sehr positiv zu überraschen.
Wie wichtig ist es, mit einem starken Team weitere Startplätze im Weltcup freizumachen?
Gerade im Slalom haben wir da sehr gute Voraussetzungen und mit Felix Neureuther, Linus Straßer, Stefan Luitz, Fritz Dopfer und Dominik Stehle ein kompaktes Team. Alle haben die Möglichkeit, sich innerhalb der Top 30 einzureihen. Diese Erfolge machen auch den Weg frei für mehr Startplätze.
Der Rücktritt, aus gesundheitlichen Gründen, von Tobias Stechert hat dir nicht nur sportlich sondern auch persönlich sehr leid getan…
Natürlich hat das wehgetan. Ich habe extrem viel von Tobi gehalten. Ich habe ihn als hundertprozentigen Profi kennen und schätzen gelernt. Er war eigentlich derjenige, als ich mein Statement machte, dass wir 2018 um Medaillen mitfahren wollen, der absolute Leader in der Gruppe war. Wenn du mir damals gesagt hättest, Tobi ist nicht dabei, hätte ich gesagt, dass es schwieriger wird.
Er ist aber jetzt schon zwei Jahre nicht mehr dabei. Am Anfang hat er uns brutal gefehlt. Für Tobi war es aber die richtige Entscheidung, da es mit dem Knie leider nicht mehr möglich war, auf diesem Niveau Weltcuprennen zu fahren. Das tut mir wirklich unheimlich leid. Tobi arbeitet nun als Trainer bei uns, und ich bin überzeugt davon, dass er auch hier seine Erfolge feiern wird.
Viele Hoffnungen der DSV-Fans liegen auf Andi Sander. Wie ist sein derzeitiger Leistungsstand?
Andi geht es sehr gut. Er war in Chile sehr mit Materialtests beschäftigt. Er hatte öfters Probleme im einfachen Gelände, wenn es nicht so anspruchsvoll ist. Wenn es brutal abgeht, ist Andi extrem schnell. Wenn es aber flach wird, haben wir Probleme. Das liegt aber nicht an einem langsamen Ski, sondern an der richtigen Abstimmung. Das ist bei Andi ein sehr sensibles Thema.
Wenn er sich mit seiner Abstimmung nicht zu 100 Prozent wohlfühlt, ist er auch nicht schnell. Dann kann das gleich in einen Bereich von zwei Sekunden Rückstand gehen. In Val d’Isère und in Gröden, wo es eher flach ist, konnte er sich nicht unter den besten 30 klassieren, obwohl man beim Zuschauen keinen Fehler sehen konnte und die Körpersprache gut war.
Das ist natürlich ein Thema, das uns zum Nachdenken brachte. Daran haben wir intensiv gearbeitet, damit dies in der neuen Saison besser wird.
Thomas Dreßen war der Senkrechtstarter der letzten Saison. Was können wir von ihm in der kommenden Saison erwarten?
Es ist immer schwierig. Thomas ist ein super Bursch, total geerdet, und hat keine Flausen im Kopf. Er war im letzten Jahr nicht nur aus deutscher, sonder auch aus internationaler Sicht der Aufsteiger schlechthin im Speedbereich. Es war eine brutale Gaudi, dass wir solch einen Burschen in unserem Team haben. Er hat extremen Speed und trainiert gut.
Aber die Erfahrung lehrt uns, dass die zweite Saison nach dieser Durchbruchsaison die schwierigste ist. Dafür gibt es viele Beispiele, wobei dies auch immer eine Sache der Einstellung ist. Meistens bremsen sich die Athleten selbst, da sie überhöhte Erwartungen haben und sich selbst unter Druck setzten. Andere hören nicht mehr auf die Trainer und meinen, sie wissen alles besser.
Dies trifft aber auf Thomas nicht zu, und es gibt auch genügend Beispiele, dass die zweite Saison noch besser wurde. Darum arbeiten wir sehr intensiv mit Thomas, damit es in die richtige Richtung geht.
Wie bereitet sich ein Trainer auf die Olympischen Spiele vor? Gibt es ein besonderes Trainingsprogramm, und welche Ziele hast du?
Ich habe eigentlich seit zehn Jahren eine sehr positive Erfahrung mit Großereignissen. Wir haben da einen ganz guten Plan, mit dem Thema richtig umzugehen. Die letzten beiden Olympischen Winterspiele waren speziell für mich als Cheftrainer etwas, was ich so schnell nicht vergessen werde.
Wenn man sich fünfmal über Gold und einmal über Silber freuen darf, ist das ein Traum. Aus diesem Grund freue ich mich extrem auf die Winterspiele. Aber die Herangehensweise an Olympia ist etwas Besonderes, da die Spiele einen herausragenden Stellenwert haben.
Hier eine Medaille zu gewinnen ist eine Vision, etwas ganz Besonderes, aber kein Ziel. Unsere Aufgabe ist es, Schritt für Schritt, jeden Trainingsschwung, jede Trainingseinheit, jeden Tag im Training, konzentriert und fokussiert zu bleiben, sonst scheitert man bereits im Vorfeld.
Ein großes Thema in Sachen Olympia ist zurzeit der politische Streit zwischen Nordkorea und den USA. Wie gehst du als Trainer mit dieser Situation um?
Die tagespolitische Situation ist nicht einfach. Vom Abfahrtsstart kann man nach Nordkorea blicken. Die Spiele sind noch relativ weit weg. Es kann sich da so schnell etwas ändern, innerhalb von zwei Gesprächen, zwei Tagen, zwei Wochen. Aber das sollte zurzeit nicht mein Thema sein. Wir bereiten unsere Jungs auf Olympia vor.
Ich bin davon überzeugt, dass, wenn Olympia stattfindet, es sicher sein wird. Dieses Thema hat uns ja auch schon in Sotschi begleitet. Ich muss aber sagen, dass ich nie besorgt war, dass uns in Sotschi etwas passieren könnte. Das war in dieser Zeit die bestbewachteste Gegend auf der Welt. Natürlich ist dieser politische Konflikt in Nordkorea etwas anderes. Aber wenn es uns nicht sicher erscheinen würde, dann würden wir auch unsere Konsequenzen ziehen.
Aber auch der Olympiapolitik, wie sie gegenwärtig abläuft, stehe ich sehr kritisch gegenüber. Mich stört es unheimlich, wenn der Kommerz den Sport kaputt macht. Eigentlich haben die Verantwortlichen nur das Glück, dass der sportliche Wert für die Athleten und Teams so herausragend ist, dass wir das noch mitmachen.
Hätten die Olympischen Winterspiele nicht diesen enormen sportlichen Stellenwert, hätten sich sicher schon einige Sportler die Frage gestellt, warum sie dieses Theater noch mitmachen. Die Athleten und Verbände dürfen ihre Sponsoren und Förderer nicht präsentieren. Die Einzigen, die werben dürfen, sind die Olympiasponsoren, mit denen sich der IOC eine goldene Nase verdient, und im Gegensatz dazu kommen die Athleten und wir als nationaler Skiverband in einen gewissen Konflikt mit unseren Sponsoren die es uns mit ihrer finanziellen Unterstützung überhaupt ermöglichen unseren Sport auf sehr hohem professionellen Niveau auszuüben.
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& Olympische Winterspiele Ski Alpin 2018
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