Lech – Der österreichische Skirennläufer Magnus Walch wurde vor einigen Wochen 26 Jahre alt. Er stammt aus Lech am Arlberg in Vorarlberg, dem westlichsten Bundesland Österreichs und will im Riesenslalom im bevorstehenden Winter hoch hinaus.
Im Skiweltcup.TV-Interview spricht der sympathische Athlet aus dem Ländle über die letztjährigen Erfolge in Coronet Peak und Adelboden, das sommerliche Training, seine Bucket-List und vieles mehr.
Skiweltcup.TV: Magnus, du bist im letzten Jahr mit dem Sieg beim FIS-Riesentorlauf von Coronet Peak mehr als erfolgreich in die Saison 2017/18 gestartet. Auch später erzielte Ergebnisse – wie etwa der 14. Rang im Weltcup-GS auf dem Chuenisbärgli von Adelboden – klingen mehr als zuversichtlich. Kann man sagen, dass bei dir der „sprichwörtliche Knopf“ aufgegangen ist?
Magnus Walch: Der „sprichwörtliche Knopf“ hat sich zumindest einmal ein bisschen gelöst. Kommende Saison wird er dann ganz aufgehen (grinst). Im letzten Mai stand ich ohne Kaderstatus da und fand mit Global Racing ein richtig cooles Team, das äußerst professionell arbeitet. Zudem haben dort die Freude und der Spaß am Skifahren einen sehr hohen Stellenwert.
Wir hatten eine geile Zeit in Neuseeland und auch die angestrebten Erfolge stellten sich ein. Ich bekam die Chance, meine erste Weltcupsaison zu bestreiten. Mit meiner Performance in den ersten Rennen war ich trotz fehlender Qualifikation für den zweiten Durchgang durchaus zufrieden. In Adelboden passte es dann endlich zusammen. Ich hatte eine Riesenfreude beim Skifahren, qualifizierte mich erstmals für den zweiten Lauf und konnte dann noch in die Top-15 nach vorne fahren.
In dieser Saison lernte ich sehr viel. Nicht nur skitechnisch und taktisch, sondern vor allem mental. Mein Zugang zu den Rennen und Trainings hat sich wie eigentlich meine gesamte Einstellung zum Skirennsport verändert. „Eine Saison keinen Kaderstatus zu haben, kann eine große Chance sein“, haben mir einige gesagt. Dass ich die Möglichkeit habe, das zu tun, was mir am meisten Freude bereitet, habe ich jetzt erst so richtig zu schätzen gelernt.
Du bist jetzt Teil der Weltcup-Riesentorlauf-Mannschaft des ÖSV. Was kannst du uns im Hinblick auf die gegenwärtige Sommervorbereitung erzählen? Bitte berichte etwas über Trainingsorte und -einheiten. In welchen Bereichen möchtest du dich noch verbessern?
Verbessern möchte ich mich natürlich in allen skirennsportrelevanten – geiles Wort eigentlich (lacht) – Bereichen. Konditionell denke ich, bin ich gut aufgestellt, im Materialbereich möchte ich Einiges probieren und weiterentwickeln, um im nächsten Winter auf allen Schneearten angreifen zu können und konkurrenzfähig zu sein.
Derzeit ist das Olympiazentrum Vorarlberg in Dornbirn mein zweites Zuhause. Die Menschen, mit denen ich dort zusammenarbeiten darf – Coaches, Physios, Masseure, Mentaltrainer und natürlich Athleten – schaffen es, dass ich mich jeden Montagmorgen aufs Neue richtig auf die bevorstehende Trainingswoche freue. Okay, natürlich freue ich mich am Freitagnachmittag, wenn ich die strengsten Einheiten der Woche hinter mir habe, auch wieder auf die Zeit daheim in Lech: auf eine MTB-Runde, eine Gipfeltour oder eine Runde Golf auf unserem neuen lässigen Golfplatz.
Mit dem Schneetraining fangen wir heuer relativ spät an. Ende Juli geht es für ein paar Tage auf den Mölltaler Gletscher, ehe wir im August in Zermatt und Saas-Fee den Hauptblock unseres Sommer-Schneetrainings absolvieren.
Marcel Hirscher ist das akribische Arbeitstier im ÖSV-Technikteam, während beispielsweise Manuel Feller durch seine frivol-lustige Art auffällt und sicher ein Spaßvogel ist. Welche Charaktere werden dir zugeschrieben, welche würdest du dir persönlich zuteilen und warum lohnt es sich, immer am eigenen Ehrgeiz festzuhalten?
Akribisches Arbeitstier würde mich sicher besser beschreiben als Spaßvogel. Was aber nicht heißen soll, dass man mit mir keinen Spaß haben kann. Hoffe ich zumindest. (lacht) Motiviert, genau, zielstrebig, optimistisch. So würden mich andere wahrscheinlich charakterisieren. Was mir aber fehle, sei die nötige Lockerheit, sagt man. Und da kann ich ihnen durchaus Recht geben. Lockerheit ist unglaublich wichtig – sowohl für den Erfolg als auch die Freude. Letzte Saison konnte ich wie gesagt einen großen Schritt in Richtung „mehr Lockerheit“ machen. Und ich arbeite weiter daran.
Ehrgeiz ist auch eine starke Charaktereigenschaft von mir, würde ich behaupten. Manch einer hätte sich an manchen Punkten meiner Karriere wahrscheinlich schon einmal die Sinnfrage gestellt. Warum aber aufhören? Ich bin der Meinung, dass man mit Begeisterung, Mut, Einsatz und Willen sehr viel erreichen kann. Und wenn es wider Erwarten nur zu olympischem Silber reicht (grinst), hatte ich trotzdem eine geile Zeit.
Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte einmal, dass Sport eine wichtige Rolle für die Verbesserung des Lebens jedes Einzelnen spielen kann, aber das gelte nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für das Leben von ganzen Gesellschaften. Teilst du diese These, und wenn ja, aus welchem Grund ist der Sport aus dem sozialen Leben nicht mehr wegzudenken?
Annan hat vollkommen Recht. Abgesehen vom gesamtgesundheitlichen Standpunkt, hat Sport auch einen großen Einfluss auf unsere Lebensqualität. Unsere Gesellschaft ist extrem schnelllebig. Zeit, sich mit sich selbst zu befassen, wird immer knapper. Sport bringt einen weg vom Alltag, hin zu mehr Bewusstsein für sich und seine Umgebung. Egal ob alleine oder zusammen mit anderen, man lebt den Moment, ist im Hier und Jetzt, kommt herunter. Und das tut einfach gut.
Lebhaft in Erinnerung ist uns die Bucket-List, die du mit deinem jüngeren Bruder Linus, der ebenfalls auf den Skiern unterwegs ist, erstellt hast. Welche Punkte konntet ihr in der Zwischenzeit wieder abhaken, und was ist neu auf dieser schier unendlichen Aufstellung?
(Grinst) Mittlerweile ist unsere Bucket-List auf ca. 135 Einträge angewachsen. Diese stehen alle auf einer Leinwand, jeder Punkt mit Check-Box und – wenn abgehakt und vorhanden – Erinnerungsfoto. Im Mai haben meine Eltern und ich meinen Bruder, der in Salt Lake City als Skirennläufer studiert, in den USA besucht. Wir sind gemeinsam etwas mehr als zwei Wochen durch Utah, Arizona und Nevada gereist. Seitdem sind unter anderem die Punkte „Gamblen in Las Vegas“, „den Grand Canyon hinunter wandern“ und „Roadtrip auf der Route 66“ abgehakt.
Was Linus und ich noch heuer im Juli planen, ist das Zuschauen bei der Tour de France und eine damit verbundene Radtour über den Col du Galibier und hinauf nach Alpe d’Huez. Jüngster Punkt auf unserer Liste ist übrigens das Aufstellen eines Gipfelkreuzes. Bei unserer letzten Gipfeltour vor zwei Wochen in Lech haben wir beschlossen, dass die rund 2.650 Meter hohe Grätligratspitze ein Gipfelkreuz mehr als nur verdient hat.
Bericht und Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner