Cuneo – Die italienische Skirennläuferin Marta Bassino hat im letzten Jahr einen guten Winter erlebt. Die 24-Jährige gewann mit dem Riesentorlauf in Killington ihr erstes Rennen im Ski Weltcup. Die azurblaue Athletin, die vor sechs Jahren Junioren-Riesenslalom-Weltmeisterin im slowakischen Jasná wurde, belegte im Gesamtweltcup den sehr guten fünften Endrang. Im skiweltcup.tv-Interview sprach sie über die erfolgreiche italienische Damenmannschaft, die Corona-Pandemie und die Heim-WM in Cortina d’Ampezzo, die im Februar 2021 über die Bühne gehen wird.
Marta, das azurblaue Damen-Skinationalmannschaft hat im abgelaufenen Winter, auch wenn er durch die Corona-Pandemie vorzeitig zu Ende gegangen ist, ein hervorragendes, kompaktes Teamergebnis gezeigt. Federica Brignone hat die Gesamtwertung gewonnen und auch andere haben mit hervorragenden Ergebnissen auf sich aufmerksam gemacht. Wie wertest du diese Leistungen im Vorfeld der Weltmeisterschaften in Cortina d’Ampezzo ein?
Wir sind ein starkes Team mit vielen Athletinnen. Bereits in diesem Jahr haben wir gezeigt, dass wir, wenn es darauf ankommt, stark sind. Dafür spricht auch die Tatsache, dass Federica den Gesamtweltcup gewonnen hat. Sie war immer konstant. Auch Sofia, die sich leider im Verlauf des Winters verletzt hat, ist immer solide unterwegs. All diese Faktoren tragen zum Wachstum innerhalb der Mannschaft bei. Das ist gut für uns alle. Wenn wir auf diesem Weg weitergehen, wird es im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Cortina noch weitere positive Ergebnisse geben. Es war schade, dass wir heuer dort nicht das Ski Weltcup Finale austragen konnten. Wir werden jedoch alle sehr entschlossen sein und den Wunsch haben, es bei den Weltmeisterschaften gut zu machen.
Die Corona-Pandemie hält die ganze Welt in Atem. Man ist quasi zum Nichtstun verdammt. Sowohl die letzten Saisonrennen als auch die Materialtests und die nationalen Meisterschaften fielen aus. Was machst du, um diesen Zustand halbwegs erträglich zu gestalten und kannst du uns bitte erzählen, was wir aus dieser Sache lernen können, obwohl die Welt wohl anders aussehen wird als vorher?
Jetzt bin ich seit mehr als 40 Tage zu Hause. Normalerweise wären wir noch Ski gefahren und hätten auch bis Ende April Materialtests usw. abgespult. Den Sommer werde ich auf Herbst verlegen. Ich hoffe, dass es bald möglich ist, wieder zu beginnen. Daheim erhielt ich eine Langhantel und stellte das Rad auf die Rollen. Mein Athletiktrainer schickte mir verschiedene Programme und so versuche ich, im Training zu bleiben und alles, was möglich ist.
In den 200 Metern, in denen wir uns aufhalten können, habe ich einen großen Garten. So kann ich die sonnigen Tage draußen verbringen und trainieren. Sonst lese ich Bücher, schaue Fernsehserien oder rätsle ein wenig. Es ist eine Zeit, in der ich bei meiner Familie zuhause bin und die ich genieße, weil wir sonst so viel unterwegs sind.
Dass wir daheim bleiben, passiert fast nie. Deshalb versuche ich immer, ein wenig Positives aus diesen Situationen herauszuholen, auch wenn es für alle schwierig ist. Es ist eine etwas traurige Zeit.
In der Welt des Sports spielt die Psyche eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wie kannst du dich am besten mit Druck, Medien, Pistenverhältnissen, Teamkolleginnen, Konkurrentinnen und Betreuern auseinandersetzen und trotzdem ein ausgewogenes Verhältnis aus Leistung als Spitzensportlerin und Privatleben herstellen? Arbeitest du mit einem Mentaltrainer und wie kann man das Ganze ideal miteinander verbinden?
Der Kopf macht in unserem Sport eine Menge aus und muss sicherlich mit dem Körper Hand in Hand gehen. Ich denke, wir brauchen dazu auch eine körperliche Vorbereitung und Technik. Folglich muss die Psyche alles kontrollieren. Deshalb spielt sie auch eine sehr, sehr wichtige Rolle, um sich während der Rennen und der Trainings zu konzentrieren, aber auch um alles andere zu managen. Seit diesem Jahr habe ich angefangen zu meditieren. Das ist etwas, was mir auch sehr geholfen hat, wenn es darum geht, mit den verschiedenen Situationen außerhalb des Skisports umzugehen. Das betrifft auch den Zusammenhang mit dem Skifahren. Dort sieht man Journalisten und Menschen, die normalerweise etwas unbequemer waren. Die Meditation ist etwas, das mir sehr geholfen hat.
Ich war einige Male bei Herrn Vercelli. Aber ich muss sagen, dass ich ihn nicht mehr brauche, seitdem ich zu meditieren begonnen habe. In diesem Jahr lief dann auch alles gut, sodass mein kleiner Kopf ziemlich gut funktionierte, sodass ich ihn nicht mehr benötige.
Wie angedeutet, findet in der bevorstehenden Saison der alpine Ski-Höhepunkt vor heimischer Kulisse in Cortina d’Ampezzo statt. Was können wir dort von dir erwarten oder ist es noch etwas zu früh, sich darüber den Kopf zu zerbrechen?
In der nächsten Saison gibt es die Ski-Weltmeisterschaft vor heimischer Kulisse. Die Teilnahme daran ist so etwas das Ziel der Saison. Wenn ich dort bin, ist es das Hauptereignis und mein Fokus wird darauf gerichtet. Normalerweise mache ich mich immer von Tag zu Tag und von Rennen zu Rennen auf den Weg. Ich glaube, dass man sich auf ein solches Ereignis vorbereitet, wenn man gute Ergebnisse hinter sich hat. Man baut zuerst etwas auf und ist dann für das Ereignis bereit.
Jetzt ist es schwierig, darüber nachzudenken, vor allem, wenn wir uns in einer solchen Sackgasse, weit weg von allem, befinden. Ich finde es auch fast schwierig, vorauszudenken, denn ich weiß nicht, wann wir wieder in der Lage sein werden, es klar zu tun. Aber ich werde mein Bestes tun.
Bericht und Interview für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner