Untereriberg – Die 26-Jährige Schweizerin Wendy Holdener ist eine bodenständige und sympathische Skirennläuferin. In der abgelaufenen Saison belegte sie den dritten Rang in der Gesamtwertung, der Slalom- und in der Kombinationswertung.
Bei der Ski-WM im schwedischen Åre triumphierte sie in der Kombination und im Teambewerb. Im Torlauf wurde sie nach der Halbzeitführung und einem Steher bis auf Rang 17 zurückgereicht. Trotzdem verfügt die Eidgenossin stets über einen authentischen Charakter und blickt zuversichtlich nach vorne. Holdener spricht mit uns über den abgelaufenen Winter, das Swiss-Ski-Team, ihre Asienreise und das Schöne an ihrem Sport.
Wendy, wie würdest du, wenn du eine Lehrerin wärest, deine persönliche Saison 2018/19 benoten? Und welche persönlichen Lehren ziehst du aus dem abgelaufenen Skiwinter?
Ich bin froh, dass ich keine Lehrerin bin. Denn ich wüsste nicht, welche Note ich mir geben würde. Auch wenn es eine super Saison war, würde ich sie gerne etwas unterteilen. Im Slalom lief es am Anfang nicht wie gewohnt. Je länger der Winter dauerte, desto besser wurde ich. Am Ende hätte ich gerne noch ein paar Rennen gefahren.
Im Riesentorlauf war es hingegen eher durchzogen. Ich bin super gestartet, ehe es zur Mitte der Saison ab und zu ein Rennen gab, in dem es gar nicht lief. In der Kombination hing es meist von der Piste ab. Bei der Weltmeisterschaft lief es gut. Es war eine harte Saison, ich musste viel – und auch mental – kämpfen. Ich habe in den letzten drei Saisons gespürt, dass ich etwas rennmüde war und habe aus diesem Grund im Frühling eine längere Auszeit genommen.
Das Swiss-Ski-Team der Damen besteht im Slalombereich aus vielen Talenten und Rohdiamanten. Stimmt dieser allgemeine Überblick und was kannst du uns über das Mannschaftsklima berichten? Wer hat das Zeug dazu, so konstant wie du gute Platzierungen in dieser Disziplin zu erzielen?
Ja, das stimmt. Die Mannschaft besteht in der Tat aus vielen Talenten und Rohdiamanten. Das Schöne ist, dass wir über Jahre hinweg nie große Machtkämpfe gehabt haben. Des Weiteren ist das Mannschaftsklima sehr gut. Das Betreuerteam ist gleich geblieben, es kamen noch zwei Athletinnen dazu. Ich denke, dass sie gut ins Team passen werden.
Ich will aber keine Namen nennen, weil ich erstens keinen unnötigen Druck aufbauen möchte und zweitens nicht einmal alle jungen Mädels kenne, die beispielsweise im C-Kader sind. Ich habe sie beim Konditionstraining beobachtet und sie haben einen guten Eindruck hinterlassen. Sie haben sich sehr bemüht und haben fleißig gearbeitet. So hoffe ich, dass da Einiges nachkommt und dass sie gesund bleiben.
Du hast uns vor einiger Zeit mit schönen Bildern von deiner Asien-Reise beglückt. Wie kam es dazu? Und was können wir Europäer von den Asiaten lernen und aus welchem Grund ist es immer mehr als seine persönliche Bereicherung, wenn es darum geht, fremde Kulturen und Stätten kennenzulernen?
Head Japan wollte, dass ich für ein Kinder-Skicamp nach Japan komme. Nach der Anfrage des Ausrüsters und meinem Wissen, dass ich länger in die Ferien wollte und Asien ein Thema war, hat mich das Ganze gereizt. Nachdem ich mit dem Skitrainer alles so besprochen habe und seine Unterstützung hatte, habe ich das so gemacht. Meine Saison war am 10. April fertig, ehe ich mir die Auszeit genommen habe. Ich weiß nicht, ob die Asiaten von uns etwas lernen können, da ich in so vielen asiatischen Ländern war, in denen die einen etwas besser machen als die anderen und umgekehrt. Somit ist es schwer zu sagen. Es war schön, wie auch die Reise nach China. Ich konnte mir ein Bild vom Land und den Leuten machen. Zudem möchte ich wieder nach China zurückkommen, dann auf den Skiern. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber ich möchte gesund bleiben.
Was symbolisiert für dich das Schöne und die Leidenschaft beim Skifahren? Hätte es vergleichsweise eine andere Sportart gegeben, wenn du nicht mit zwei Brettern den Hang runter fährst und im Kampf um Hundertstelsekunden rote und blaue Tore schluckst …
Definitiv die Abwechslung. Das merkt man beispielsweise beim Training im Sommer. Man kann so viele verschiedene Sportarten ausüben. Man muss nicht immer das Gleiche immer wieder machen, um besser zu werden. Beim Skifahren ist es ähnlich. Es gibt so viele Disziplinen. Das Ganze fasziniert mich, weil es in den Bergen und in der Natur stattfindet. Das Schöne am Spitzensport ist, dass man es gerne macht, sich täglich verbessern kann und an sich und dem Körper arbeitet. Ich finde es als Privileg, dass ich Skifahrerin geworden bin.
In Bezug auf eine andere Sportart kann ich sagen, dass ich sowohl im letzten als auch in diesem Jahr das Surfen für mich entdeckt habe. Bis jetzt war ich nur auf der künstlichen Welle unterwegs. Nichtsdestotrotz ist Skifahren das Schönste.
Bericht und Interview für Skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner