Gamsen – Die 20-jährige Schweizerin Lindy Etzensperger ist eine junge Skirennläuferin, auf die man in der kommenden Saison aufpassen muss. Sie ist in den Disziplinen Abfahrt, Super-G und Riesenslalom unterwegs und kann bereits auf einen Sieg im Europacup zurückblicken. Das war beim Riesentorlauf im französischen Tignes Ende Januar 2019 der Fall. Ferner freute sie sich über die Bronzemedaille im Super-G im Rahmen der Junioren-Welttitelkämpfe im Fassatal im Februar des gleichen Jahres. Gleich bei ihrem Weltcupdebüt im tschechischen Spindlermühle gab es mit Rang 27 im Riesenslalom die ersten Zähler.
Lindy, wann bist du das erste Mal auf den Skiern gestanden? Deine Mutter Nathalie ist eine bekannte Skibergsteigerin. Weshalb hast du dich für den umgekehrten Weg entschieden, und die Hänge hinunterzufahren?
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wann das der Fall war. Doch ich glaube, dass ich drei Jahre alt gewesen sein muss. Da meine Mutter Skitourengeherin war, war ich als Kind auch sportbegeistert. Ich war sowohl im Skifahren als auch in der Leichtathletin gut unterwegs. Die erstgenannte Sportart hat mich schlussendlich mehr interessiert, denn ich finde es einfach cool, ein bisschen Adrenalin zu tanken und ein wenig schneller als die anderen zu fahren. Dem Laufsport bin ich trotzdem treu geblieben; für mich versinnbildlicht er ein ideales Konditionstraining. Wenn ich meine Ausdauer verbessern möchte, schnüre ich gerne die Sportschuhe und spule meine Kilometer inmitten der freien Natur ab.
Kannst du deinen sportlichen Werdegang, beginnend mit Schüler- und FIS-Rennen bis hin zu deinen Europacuprennen und deinem Weltcupdebüt etwas nachskizzieren und auch auf die nächsten Stufen deiner Karriere vorausblicken?
Nach dem Besuch der Pflichtschule habe ich in Brig die Sportschule besucht. Dort kommen alle Nachwuchsathleten und -athletinnen aus dem Westen der Schweiz zusammen. Ähnliche Schulinfrastrukturen gibt es in Engelberg und in Davos. Die Schule hat neben dem Fokus auch eine wirtschaftliche Ausrichtung, und ich beendete diese Schule mit dem Abitur. Die Schule ist nur fünf Minuten von mir entfernt, und ich bin, während andere im schuleigenen Internat untergebracht waren, täglich mit dem Fahrrad hingefahren.
Natürlich bestritt ich auch einige Schülerrennen. Vor vier Jahren war ich bei den ersten FIS-Rennen im Einsatz. Es war zu Beginn etwas hart, aber ich nahm mir vor, an mir zu arbeiten, um immer besser zu werden. Im November 2017 konnte ich meinen ersten FIS-Podestplatz erringen. In der Folge fuhr ich auch im Europacup. Zur gleichen Zeit wurde ich in den C-Kader des Swiss-Ski-Teams aufgenommen. Auf kontinentaler Ebene konnte ich mich behaupten und gewann Ende Januar 2019 mit dem Riesenslalom im französischen Tignes mein erstes Europacuprennen. Durch meine guten Leistungen gehöre ich ab dem nächsten Jahr dem B-Kader an. Es geht immer mehr bergauf, und ich bin bereit für größere Taten. Dass ich bereits bei meinem ersten Weltcuprennen eine Handvoll Punkte erobern konnte, macht mich stolz. Dennoch will ich mich in meinen drei Disziplinen Abfahrt, Super-G und Riesentorlauf kontinuierlich verbessern und mich für höhere Aufgaben empfehlen.
Hast du ein Vorbild, dass wie du im Skirennsport unterwegs ist? Wenn ja, wer ist es, und warum fällt die Wahl genau auf diesen Menschen?
Selbst wenn ich grundsätzlich nur auf mich schaue und mich auf meine Rennen und meinen Werdegang konzentriere, gibt es schon eine Skirennläuferin, zu der ich gerne aufschaue und deren Stil ich bewundere. Es ist die Italienerin Federica Brignone. Mir gefällt es sehr, wie sie angreift und auf den Skiern steht. Ebenfalls bewundernswert sind ihre Technik und die akkurate Präzision, wie sie ihr Tempo dosiert und dennoch schnell die Pisten hinunterfährt oder um die Tore carvt.
Wir haben kurz darüber gesprochen. Dennoch möchte ich von dir wissen, worin deiner Meinung nach die besondere Herausforderung beim Skifahren liegt. Und weshalb würdest du keine andere Sportart betreiben?
Das Skifahren ist keinesfalls eine leichte Angelegenheit. Man muss im Kampf gegen die Uhr schnell im Ziel sein, aber es zählen auch andere Faktoren, die von enormer Wichtigkeit sind. Dazu zählen das Konditionelle und das Koordinative. Ferner ist das Timing wichtig. Wenn man beispielsweise im Riesentorlauf eine Zehntelsekunde zu spät dran ist, kann es nicht abschätzbare Folgen haben. Es macht mir viel Spaß, den perfekten Stil zu finden. Aber auch die Challenge, immer besser zu werden und saubere Schwünge in den Schnee zu ziehen, erfüllt mich immer wieder aufs Neue mit einer großen Freude.
Und gibt es ein persönliches Fazit? Kannst du dieses mit deiner WhatsApp-Grußbotschaft „All unsere Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, sie zu verfolgen“ zu einer harmonischen Einheit verschmelzen?
Ja, ich denke, dass man immer eine Freude an dem, was man macht, haben soll. Zudem ist es keineswegs fehl am Platz, das Ganze in einem glücklichen Status zu machen. Dennoch will ich auch einige Worte des Dankes an meine Familie und mein ganzes Umfeld aussprechen. Sie verfolgen mein Tun mit Freude und stehen mir unterstützend zur Seite. Denn: Wenn man das macht, was man effektiv macht und gerne tut, wird man über kurz oder lange die Früchte des Erfolgs ernten. Davon bin ich überzeugt.
Bericht und Interview für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner