Oberperfuss – Dieses Mal baten wir die junge Österreicherin Bernadette Lorenz zum Gespräch. Die 21-Jährige hat vor gut einem Jahr mit einem Slalom am Semmering ihr Weltcupdebüt im Konzert der Großen gefeiert. Derzeit kämpft sie sich nach einer Verletzung zurück. Darüber hinaus erzählt uns die rot-weiß-rote Technikspezialistin, weshalb Tina Weirather eine Inspirationsquelle darstellt und auf was es im Skirennsport ankommt. Auch kommen zwei Charaktere im König der Löwen im Interview mit der sympathischen Tirolerin zur Aussprache.
Berni, du hast mit dem Torlauf am Semmering dein Weltcupdebüt Ende Dezember 2018 gefeiert. Kannst du uns bitte deine Emotionen von damals noch einmal in Worte kleiden? Kann man diesen Tag auch als bislang schönsten Tag deiner noch jungen Karriere als Skirennläuferin bezeichnen?
Emotionen in Worte zu fassen ist immer schwierig. Ich würde mich an diesem Tag einfach als glücklich und zufrieden beschreiben, irgendwie auch verwirrt und überwältigt zugleich.
Ich finde, es sind die vielen kleinen prägenden Momente, die eine Karriere besonders machen. Aber wenn du an einem Tag wie diesen ausschließlich Freude verspürst, weißt du, genau das Richtige in deinem Leben für dich gefunden zu haben. Für mich war es auch eine Bestätigung und eine Art Motivation, dass sich der Einsatz lohnt, wofür man von klein auf arbeitet.
Mikaela Shiffrin hat einmal in einem Interview erzählt, dass sie den Schweizer Tennisspieler Roger Federer getroffen und danach von seiner Inspiration geschwärmt hat. Gibt es eine Sportlerin oder einen Sportler, der abseits der Slalomstangen und Hundertstelsekunden ein Vorbild für dich ist? Was macht diesen Menschen so besonders?
Ja, eine Sportlerin abseits der Slalomstangen, jedoch nicht abseits der Hundertstelsekunden. Tina Weirather: Man sieht ihr die Freude und Hingabe für diesen Sport ins Gesicht geschrieben. Ihre authentische Art, der Teamgeist und die Bodenständigkeit faszinieren mich und sind Werte, für die ich selbst stehe. Außerdem hat sie sich nach vielen Verletzungen in jungen Jahren an die Weltspitze gearbeitet, was mich zusätzlich motiviert, weil ich mich derzeit in einer ähnlichen Situation in meiner Karriere befinde.
Als ich zum ersten Mal persönlich mit ihr Kontakt aufnehmen konnte, haben sich diese Charakterzüge mehr als bestätigt. Ich war überwältigt von ihrer Sichtweise des Sports und ihrer Ehrlichkeit.
Du bist sehr jung und hast die ganze Karriere noch vor dir. Wie wichtig sind für dich Eigenschaften wie etwa Talent, Ehrgeiz und Disziplin oder gibt es deiner Meinung nach bessere Charaktere, um mit konstant guten Ergebnissen aufwarten zu können und den Sprung in die Weltspitze zu schaffen?
Meiner Meinung nach müssen viele Faktoren ineinandergreifen, um erfolgreich zu sein. Nur mit der „Brechstange“ und mit Kampf wirst du nichts erreichen, ebenso wenig aber, wenn du immer nur das tust, was leicht geht. In erster Linie musst du dich selbst kennen, nur so kannst du deine Grenzen ausloten und ans Limit gehen. Mir persönlich sind ein vertrautes Umfeld und Teamgeist sehr wichtig und ich bin überzeugt, dass man damit viel mehr herausholen kann, als viele glauben.
Dein Leben als Comicfigur… Welche wärest du gerne?
Timon und Pumbaa (König der Löwen). Ganz nach dem Motto: „Hakuna Matata“. Das heißt, das Positive im Leben sehen, für jeden Blödsinn zu haben, lebensfroh, für andere da sein und der Glaube an einen selbst das Unmögliche schaffen zu können. (lacht)
Werden wir dich in der bevorstehenden Saison vermehrt im Weltcup oder noch im Europacup sehen? Welche sind deine kurz- bis mittelfristigen Pläne in Bezug auf deine hoffentlich noch lange Laufbahn als Skirennläuferin?
In erster Linie heißt es für mich, wieder hundert Prozent fit werden und das Vertrauen in meinen Körper und mein Skifahren aufzubauen. So schwierig es für einen Leistungssportler ist, nach einer schweren Verletzung mit Geduld an die Sache heranzugehen, umso wichtiger ist es, auf langfristige Zeit gesehen. Oberste Priorität hat in dieser Saison meine Gesundheit! Wenn das weiterhin so nach Wunsch verläuft, werden sich die weiteren Schritte von selbst ergeben.
Das Ziel ist klar: So möchte ich mich im Slalomweltcup in den Top-30 etablieren und im Riesentorlauf dieselbe Ausgangslage für nächstes Jahr, wie im Slalom heuer zu schaffen. Sicher eine Herausforderung, vor allem, weil ich erst im Dezember beginne auf Schnee zu trainieren, aber man darf ja noch träumen. (lacht)
Bericht und Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner