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Guido Heuber im Skiweltcup.TV-Interview: „Mich als Hansdampf in allen Gassen zu bezeichnen, ehrt mich!“

Guido Heuber mit Co-Kommentator Felix Neureuther, beim Olympia-Slalom 2018, am Eurosport-Mikrofon
Guido Heuber mit Co-Kommentator Felix Neureuther, beim Olympia-Slalom 2018, am Eurosport-Mikrofon

München/Ibiza – Seit einer gefühlten Ewigkeit begleitet Guido Heuber den alpinen Skirennsport als Moderator auf Eurosport. Auch macht er sich als Sommelier und DJ – Stichwort „lebenslanges Lernen“ einen Namen. Die 47-jährige bayrische Frohnatur „hinter dem Mikro“ sprach im Skiweltcup.TV-Interview über den letzten Ski-Winter und seine Höhepunkte, den Sieg von Thomas Dreßen in Kitzbühel, seine Zeit als DJ auf der Baleareninsel Ibiza und vieles mehr. Zudem gab er zu, dass er den Sensationsolympiasieg von Ester Ledecká in Pyeongchang als geil empfand und fast wie ein Schoßhund heulte.

Skiweltcup.TV: Herr Heuber, heute klopfen wir wieder bei Ihnen an. Die Olympiasaison 2017/18 ist seit einigen Monaten Geschichte. Und dieses Mal fragen wir zu Beginn wieder nach Ihrem persönlichen Fazit, gepaart mit der Frage, weshalb gegen Marcel Hirscher und Mikaela Shiffrin kein Kraut gewachsen ist…

Guido Heuber: Die vergangene Saison war nach nun 20 Jahren im Weltcup fürs Fernsehen eine der für mich persönlich beeindruckendsten überhaupt. Sicherlich war einer der Gründe dafür, dass Eurosport Rechteinhaber für die Olympischen Spiele ist. wir hatten in Südkorea phänomenale Arbeitsbedingungen, durften mehr produzieren als je zuvor und konnten so endlich 100 Prozent zeigen, was wir drauf haben. Ich freue mich schon auf die nächsten Spiele.

Außerdem haben wir ein Team, mit dem es einfach super ist zusammenzuarbeiten. Gerd Leinauer ist nicht nur mit mir Alpin-Kommentator, sondern ein spitzenmäßiger Kumpel. Experte Urs Lehmann ist in seiner Doppelfunktion als Ex-Weltmeister und Präsident des Schweizer Skiverbandes ein Juwel, Frank Wörndl sorgt dafür, dass mir niemals langweilig wird und mit Martina Lechner haben wir Gott sei Dank zumindest eine Frau dabei. (lacht)

Aber auch sportlich hatte die Saison mehr zu bieten, als alle anderen, die ich begleitet habe: Da haben wir die Verletzung Marcel Hirschers und sein unglaubliches Comeback, den Sieg von Pepi Ferstl beim Super-G in Gröden, den Erfolg Thomas Dreßens auf der „Streif“ und weitere Top-Ergebnisse, Storys ohne Ende rund um Lindsey Vonn, der Triumph von Ester Ledecká, gleichzusetzen mit größten „Gänsehaut“-Erfolg, den ich je erlebt habe, das erneute Erzittern lassen der Sportwelt von Mikaela Shiffrin und das ist nicht mal alles. So viel ist passiert. Mehr geht doch gar nicht.

Gerade weil Shiffrin und Hirscher ein neues Kapitel in puncto Professionalität aufgeschlagen haben, hat sich der Weltcupzirkus entscheidend weiterentwickelt. Bisher hatte es wohl nur Herman Maier ansatzweise geschafft, Material und Fitness auf 100 Prozent zu bringen. Somit bleiben nur noch das Wetter und die Tagesform als Variable. Durch diese Herangehensweise sind die beiden bisher unschlagbar gewesen, aber die Lücke ist nun von anderen Athleten geschlossen worden. Die beiden werden es heuer nicht wieder so einfach haben.

Pocht das schwarz-rot-goldene Kommentatorenherz höher, wenn Sie an die Erfolge von Pepi Ferstl und Thomas Dreßen zurückdenken… oder hatten Sie – ganz ehrlich – den Sensationserfolg Dreßens auf der „Streif“ auf dem Zettel?

Guido Heuber: Grundsätzlich bin ich auf der Seite alle Sportler. Ich freue mich für jeden Sportler, der es verdient hat, zu gewinnen. Ich glaube auch, dass ich das so in meinen Sendungen rüberbringe. Der einzige Grund, warum ich mich über einen deutschen Sieg vielleicht etwas mehr freue ist, weil ich weiss, dass dann die Quoten steigen, und das hat der gesamte Sport verdient.

Was die Tipps für die Tagessiege angeht, verlasse ich mich immer oft auf mein Bauchgefühl. Ich bin vor der Sendung auf der Strecke, erlebe das Wetter und wie die Piste präpariert ist. Ich weiß, wem das liegen könnte. Dann schaue ich mir die entsprechenden Jungs genauer an und versuche zu deuten, wie sie drauf sind… dann habe ich meinen Favoriten. Oft liege ich damit sehr richtig.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Besichtigung auf der „Streif“. Ich stand mit meinem guten Freund und ZDF-Kollegen Michael Pfeffer zusammen an der Karussellkurve, kurz nach der Mausefalle. Bei Thomas Dreßen wusste ich, dass es seine Bedingungen waren. Ich habe ihn beobachtet und er hatte diesen unglaublich fokussierten Killer-Blick. Ich weiß noch, dass ich gesagt hatte: „Michi, schau dir den mal gerade jetzt genau an. Der ist heute heiß. Den habe ich voll auf der Liste!“ …dieses Mal sollte ich voll recht behalten haben. Leider hatte ich nicht gewettet. (lacht)

Kommentator und Moderator, nur ein Teil der vielen Talente von Gudio Heuber

Sie sind nicht nur ein wortgewaltiger und charmanter Kommentator, sondern auch Sommelier und neuerdings auch DJ. Welche Musik legen Sie wann und wo auf, und aus welchem Grund ist es in Ihren Augen nicht verkehrt, Sie als rastlosen Tausendsassa zu charakterisieren? Ehrt Sie diese Bezeichnung, oder ist sie mehr eine Herausforderung, Ihren bunten Facetten und vielseitigen Interessen Herr zu werden?

Guido Heuber: Danke für die Blumen. Ja es ehrt mich, wenn man mich als „Hansdampf in allen Gassen“ bezeichnet, denn so bin ich nun mal.

Ich trinke sehr wenig, aber wenn, dann guten Wein. Deswegen lag die Ausbildung zum geprüften Sommelier für mich nahe, und ich habe dieses endlose Lernen nie bereut.

Zuhause habe ich seit fast zehn Jahren keinen Fernseher. Keiner nimmt sich gerne Arbeit mit in die eigenen vier Wände. Ich bin aber ein fanatischer Musikfreak. Egal, wo ich bin, es läuft immer Musik. Selbst in meinem Skihelm. (Nur auf Sendung mache ich da eine Ausnahme.) Ich gehe gerne in die Oper, war gerade bei Billy Idol auf seinem Konzert in München, ertrage seit zehn Jahren mit einem Lächeln, dass ich mit Frank Wörndl im Auto ausschließlich Rolling Stones hören darf, aber mein Herz schlägt trotz alledem mit 128 bpm. Das ist die entscheidende Taktzahl in den besten Clubs der Welt. Elektronische Musik bietet für mich alles. Von der Dramaturgie der Klassik bis hin zum kompromisslosen Punk. Ich verbringe jede freie Sekunde mit Musik, weil ich das brauche. Sie ist für mich so etwas wie die Luft zum Atmen.

Angus Young, seines Zeichens AC/DC-Gitarrist sagte einmal, dass er es nicht mag, über anderen Leuten und auch nicht darunter zu stehen. So sei er am liebsten mittendrin; des Weiteren versuche er, dort sein Bestes zu geben. Warum haben Sie diesen Leitspruch auf Ihre informative Homepage gestellt. Lesen wir in diesen Worten zwischen den Zeilen auch etwas über die Philosophie Guido Heubers?

Guido Heuber: Schön, dass ihr das gefunden habt, denn genau diese Zitat beinhaltet (fast) mein gesamtes Ich: Denn ein Sport-Moderator sollte niemals ein Star sein. Sein Job ist, es andere strahlen zu lassen. Strahlt er selbst mehr als die Sportler, hat er seinen Job nicht richtig gemacht. Das steckt in dem „Mittendrin“ von Angus Young

Ich liebe es, als ambitionierter Hobbysportler von den Profis zumindest als fit akzeptiert zu werden. Ich will dazugehören, dabei sein und davon erzählen. Auch das meint Angus

Ich versuche immer, mein Bestes zu geben, wenn ich arbeite. Nur dann macht es mir so richtig Spaß, denn ein voll ambitionierter Job ist für mich tatsächlich so anstrengend wie Sport, und das liebe ich. Wenn es möglich wäre, würde ich auch rücklings über den Boden schrubben, wie Angus. Seine Einstellung teile ich einfach voll und ganz.

Emotionale Ausbrüche gehören zum Sport wie das Amen zum Gebet. Manche, kommen Sie von Athleten, haben nicht immer einen Vorteil. Inwiefern darf man hinter dem Mikrofon Gefühle zeigen, mitfiebern, Farbe bekennen, die individuell angehauchte Motivation anzutreiben und Sinneseindrücke zu bewerten und in Worte zu kleiden?

Guido Heuber: Na, wer das nicht zu 100 Prozent macht, ist im falschen Job. Zum einen ist es erwiesen, dass Gefühle, Gestik und Emotionen sich auf die Stimme übertragen und so die Farbe ins Spiel bringen. Das lasse ich nicht nur zu, das will ich. Und ich kenne keinen Kollegen, der nicht immer wieder mal so emotional berührt ist, dass Tränen in den Augen stehen. Bei mir war das zuletzt bei der Siegerehrung von Ester Ledecká so. Ich hätte wie ein Schlosshund heulen können, weil das einfach so geil war, was da alles für Emotionen zu spüren waren.

Jetzt sind es schon weniger als 100 Tage und die Ski-Saison geht in Sölden wieder an den Start. Ist der bevorstehende Winter bereits Thema oder bewusst noch überhaupt nicht.

Guido Heuber: Nun, natürlich halte ich mich auf dem Laufenden, aber ich versuche möglichst weit weg vom Wintersport zu bleiben. Das wird sonst selbst mir zu viel. Daher bin ich gerade jetzt auch auf Ibiza. Im Mekka der elektronischen Musik wohne ich sogar in einem Club und versuche dort, so viel Zeit mit Musik zu verbringen, wie es nur irgendwie geht. Als DJ „Bambobyl“ (so hat mich mein 6-jähriger Sohn getauft) lege ich am Playa dem Bossa auf, genieße die gigantischen Shows der besten DJs der Welt und bin außerdem auch auf Promotion-Tour für meine eigenen Songs.

Mit meinem musikalischen Partner Karsten Kiessling habe ich das Projekt „Cats on Bricks“ gegründet. Unsere derzeitige Single ist tatsächlich in allen wichtigen Charts auf den vorderen Plätzen. Der Track heißt „Planes over Ushuaia“ und ist eine Hommage an Ibiza und den nach meiner Meinung besten Club der Welt. Außerdem verweilen die Skistars ja gerade auch in Ushuaia, allerdings in Südamerika… so ist zumindest musikalisch eine Brücke geschlagen.

Bericht und Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner

„Planes over Ushuaia“ feat. Zach Alpin by „Cats on Bricks“ (Radio Edit)
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