Morgen beginnt die Skiweltmeisterschaft in Are, in dem schwedischen Ort, in dem ich meine Karriere mit den besten Gefühlen beendet habe. Are ist für mich ein magischer Ort; ich hoffe, dass das deutsche Team auch mit guten Gefühlen abreisen wird, wenn bei dieser Weltmeisterschaft das letzte Slalom-Tor durchfahren ist.
Was dürfen wir von einem deutschen Rumpf-Team erwarten, das in der Saison wider von Ausfällen gebeutelt war und ohne Top-Leistungsträger wie Thomas Dreßen oder Andreas Sander an den Start gehen muss?
Skifahren ist eine komplexe Angelegenheit: im Kopf muss man bereit sein für maximale Konzentration auf der Strecke, unabhängig, ob man eine Abfahrt oder einen Slalom fährt. Man muss körperlich vollkommen fit sein, um mit Körperkraft Unwägbarkeiten auszugleichen, man muss technisch perfekt fahren und man muss seine Nerven im Griff haben, wenn Fans und man selbst von sich viel erwartet. Die Ausnahmeathleten, die dies rennen für rennen diese Saison beherrscht haben heißen Michaela Shiffrin und Marcel Hirscher; sie sind für Are die Top-Favoriten, denen ich die Lorbeerkränze auch von Herzen gönne. Sie sind die exponierten Skiathleten, vor denen man nur den Hut ziehen kann. Michaela hat mit 23 Jahren über 50 einzelne Weltcup-Siege zu verzeichnen-atemberaubend.
..und doch ist so eine Weltmeisterschaft etwas besonderes, ähnlich wie ein Pokalspiel im Fußball, es zählt der Moment vor dem Hintergrund aller aufgezählten Aspekte und das kann der Moment derer werden, die in Lauerstellung sind…das sind Momente, in denen Stefan Luitz, Sepp Ferstl, Kira Weidle, Felix Neureuther und Viktoria Rebensburg zuschlagen und als gefeierte Helden die Arena verlassen können.
Selbstbewusstsein haben sie in der Saison tanken können, das Wissen, dass das Leistungsvermögen da ist, existiert, Kira Weidle hat Stockerlplätze im Speed-Bereich eingefahren, Sepp Ferstl einen Jahrhundertsieg in Kitzbühel feiern können, Felix Neureuther hat unendlich Erfahrung – das könnte schon der Stoff sein, aus dem Medaillenträume gemacht werden. Eins sollten alle deutschen Athleten ablegen und das ist der Respekt vor den Aufgaben, denn dieser lähmt. Man hat nur eine Chance, wenn man sein Herz in die Hand nimmt und angreift. Wer rumzögert oder sich in Gedanken verliert, verliert auf der Piste! Wer nicht angreift, ist zu langsam! In dem Bewusstsein, dass man vorne mitfahren kann, müssen sich die Athleten nun in den Wettkampf werfen und dann wird auch Zählbares rauskommen.
Diese Haltung wünsche ich jedem Athleten aus dem deutschen Team; genau dafür drücke ich die Daumen.
Herzlichst
Martina Ertl