Vail – Am vergangenen Donnerstag ging das einzige Parallelrennen der Damen in Lech/Zürs über die Bühne. Die große Abwesende war mit Sicherheit die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin. Nach einer 300-tägigen Rennpause hat die 25-Jährige trotz vieler unangenehmer Faktoren erkannt, dass sie für das Jahr 2020 dankbar sein muss. Nach dem tragischen Tod ihres Vaters Jeff diskutierte sie mit ihrer Mutter über die Risiken und Vorteile eines intensiven, oftmals eintönigen Skilebens. Nachdem sie bereits als Teenagerin erfolgreich war, setzte sich ihr Wunsch, das fortzusetzen, was sie bislang inspirierte, durch. Gleichzeitig will sie das Erbe ihres Vaters erfüllen. Sie möchte keine halben Sachen machen.
Die Skirennläuferin hatte nach dem Tod ihres Vaters ein gebrochenes Herz. Sie suchte monatelang eine Frage auf das Warum. Es dauerte länger, bis sie sich wieder auf den Sport konzentrieren konnte. Während ihre Gegnerinnen rund zwei Monate auf Schnee trainieren konnten, kam Shiffrin erst auf 24 Skitage. Da der Vater viel für sie unternahm, war sein plötzliches Ableben ein riesengroßer Schock. Er hatte zuhause immer alles repariert; in Zeiten der Hochzeit der Corona-Pandemie schaute die Sportlerin YouTube-Videos, um zu lernen, wie man einen Wasserenthärter richtig einstellen kann. Früher brauchte sie nur ihren geliebten Vater zu fragen, der im Handumdrehen für jedes noch so kleine und große Problem eine Antwort parat hatte.
Im Oktober entschied sich die US-Amerikanerin gegen einen Start in Sölden. Ihr schmerzender Rücken verhinderte ein Rennen im Ötztal. In Levi feierte sie ihr Comeback; auch wenn die Slowakin Petra Vlhová zweimal siegte, weiß Shiffrin, dass diese Ergebnisse nicht so aussagekräftig waren. Sie wollte endlich wieder ein Rennen bestreiten und über die Ziellinie fahren. Außerdem dachte sie bei ihren Einsätzen oberhalb des Polarkreises an Vater Jeff, der sicher mit der Kamera in der Hand an der Ziellinie gestanden wäre und vor Freude geschrien hätte.
Als die Skirennläuferin und ihre Mutter Eileen ihre Koffer für ihre Reise nach Europa packten, dachten sie auch an den verstorbenen Vater und Ehemann. Hier wurde Shiffrin bewusst, dass es in ihrer Erinnerung immer etwas gibt, was sie für den Rest ihres Lebens vermissen wird.
„Es ist nicht schlimm, wenn man bei einem Rennen nicht als Erste abschwingt, es gibt viel schlimmere Erfahrungen, und darum geht es im Leben.“ Die fünffache Weltmeisterin und zweimalige Olympiasiegerin erinnert sich gerne an die Worte ihres Vaters. Die US-Amerikanerin weiß, dass sie die Gleiche geblieben ist, und alle sind sich einig: auch Shiffrin wird bald wieder auf die Siegerstraße zurückkehren.
Bericht für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner
Quelle: sport.aktuality.sk