Es war die Schrecksekunde des vergangenen Wochenendes für mich als Stefan Luitz im zweiten Durchgang des Riesenslaloms im schweizerischen Adelboden wegrutschte, stürzte, sich die Schulter auskugelte und damit wiederum um ein gutes Ergebnis gebracht wurde.
Das Vorspiel zu diesem Weltcuprennen bot die juristische Entscheidung in dem lange schwebenden Verfahren um den Sauerstoffkonsum seitens Stefan Luitz bei seinem ersten Weltcup-Sieg, der nach WADA-Reglement erlaubt und nach FIS-Reglement verboten ist. Am grünen Tisch wurden Sieg und Punkte aberkannt; die Urteilsbegründung klang auch für Laien und Juristen gleichermaßen nicht ganz schlüssig und irgendwie kommt man nicht umhin, Groll für so eine Entscheidung zu hegen.
Den wird auch Stefan Luitz gehabt haben, als er seine Stecken am Start in Adelboden fixierte. Aber Luitz wollte vor allem die Antwort auf der Piste geben und das gelang ihm, hochmotiviert, technisch hervorragend, frisch in der Attacke zauberte er einen sehr guten ersten Lauf in den Schnee von Adelboden und durfte sich für den zweiten Lauf in einer sehr guten Ausgangsposition wähnen. Das Ziel des Athleten so viele Punkte wie möglich einzuheimsen, um wieder in die erste Startgruppe zu gelangen, aus der er durch die Funktionärsentscheidung und den damit verbundenen Punktabzug herauskatapultiert wurde.
Beeindruckt durch die Mentalität des Sportlers, sich auch durch ein solches Vorkommnis nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, hatte ich mich gemütlich vor dem Bildschirm platziert und mich auf den zweiten Durchgang des Riesenslaloms gefreut, den Stefan genauso engagiert anging wie den ersten Lauf. Dann kam der schwarze Moment, eine Sekunde der Unachtsamkeit, in der er wegrutsche und hart auf die Schulter stürzte : keine Punkte und eine ausgekugelte Schulter waren das unbefriedigende Ergebnis einer Dienstfahrt.
Nach den ersten klinischen Abklärungen hinsichtlich des Schulterblatts konnte Stefan Luitz mit der Aussage „ Ich werde weiterkämpfen“ zitiert werden. Gänsehaut und Wärmegefühl zugleich habe ich am ganzen Körper gefühlt. Das ist das Momentum, was einen wahren Champion ausmacht. Leistungssport bedeutet immer auch die bestmögliche Verarbeitung von Rückschlägen, die immer kommen, mal vereinzelt, mal verdichteter, wie bei Stefan Luitz. Sich unmittelbar nach einem weiteren Tiefschlag mit der kommenden Aufgabe zu beschäftigen und zu signalisieren, diese als neue Chance zu begreifen und hochmotiviert das Beste zu geben, das ist für mich modernes Heldentum, das ist die Grund-DNA eines wahren Leistungssportlers und Champions.
Stefan, ich bin begeistert und hoffe, dass die Schulter bald nicht mehr so zwickt. Ich bin fest davon überzeugt, dass Du noch in dieser Saison den Lohn für Deine Leistungen bekommst, am besten bei der WM in Are.
Herzlichst
Martina Ertl