Salzburg – Am heutigen Mittwochabend fand die mit Spannung erwartete Pressekonferenz des achtmaligen Gesamtweltcupsiegers Marcel Hirscher im Salzburger Gusswerk statt. Um 20.15 Uhr ging’s los. Sogar die Konfrontation der Spitzenkandidaten der politischen Parteien, die um die Wählergunst in Bezug auf die bevorstehenden Nationalratswahlen in Österreich buhlen – diese findet am 29. September statt – wurde nach hinten verlegt. Die Primetime gehörte dem Skirennläufer und seiner Zukunft. Einen besseren TV-Termin kann man einfach nicht wählen, denn zu diesem sitzt mehr als nur die skisportverrückte Nation Österreich vor dem Bildschirm.
Unter dem Motto „Rückblick, Einblick, Ausblick“ lud Hirscher zur Pressekonferenz. Das Medieninteresse schlug hohe Wellen. Italienische, französische und skandinavische Medienvertreter pilgerten in den Norden der Mozartstadt, um den Worten des fünfmaligen österreichischen Sportlers des Jahres und 67-fachen Siegers eines Weltcuprennens zuzuhören. Selbst Kollegen der New York Times und von CNN hatten ihr Kommen angekündigt.
ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel durfte keineswegs fehlen und Hirschers charismatische Landsfrau Alexandra Meißnitzer hatte sich in Schale geworfen, um für ServusTV zu berichten. Moderiert wurde das Medienereignis des Jahres in souveräner Manier vom einstigen liechtensteinischen Skirennläufers Marco Büchel. Zu Beginn wurde ein Video eingespielt, welches die Karriere des Salzburgers dokumentierte. Die Slalom-Goldmedaille bei der Heim-WM in Schladming im Jahr 2013 wurde genauso gezeigt wie die Machtdemonstrationen bei unterschiedlichen Ski Weltcup Rennen, als der 30-Jährige der Konkurrenz eineinhalb Sekunden und mehr abnahm. Die Olympiasiege in Pyeongchang und die Triumphfahrten beim Nachtevent auf der Planai sorgten im Nachhinein abermals für Gänsehautstimmung.
In der Zwischenzeit kam Marcel Hirscher auf die Bühne. Er spannte niemanden auf die Folter und sagte gleich: „Ich mach’s kurz. Es ist der Tag, an dem ich meine aktive Karriere beenden werde“. Nichtsdestotrotz erzählte der Österreicher, dass die letzte Zeit, wenn man die lange anhaltenden Spekulationen um seine Zukunft anschneidet, sehr strapazierend war.
Auf die Frage von Büchel, wann die Entscheidung gefällt wurde, antwortete der Salzburger, dass sie zwei Wochen alt ist. Der Skirennläufer nutzte auch die Gelegenheit, sich bei seiner Familie, seinen Betreuern, seinen Fans, seinen Wegbegleitern und den Journalisten zu bedanken. Er hatte in der Vergangenheit schon oft mit Rücktrittsgedanken gespielt. Zudem sprach er, dass er heute sehr nervös gewesen sei und er dieses Gefühl auch in den letzten zehn Jahren zuletzt bei der Heim-WM in Schladming richtig verspürt hatte. Zudem wird diese Errungenschaft für ihn emotional der schönste Moment sein. Trotzdem betonte der 30-Jährige, dass er stolz auf das sei, was er geschafft habe. Er hatte nie zu träumen gewagt, dass er so viel gewinnen werde.
Hirscher kann sich glücklich schätzen, gesund zu sein und ohne große Verletzung die Laufbahn überstanden zu haben. Er sprach von einem wahnsinnigen Glück, bei der Pressekonferenz mit zwei gesunden Knien sitzen zu können. Er will weiterhin Motocross fahren und mit seinem Sohn Fußball spielen. Der Salzburger antwortete auf die Frage Büchels, ob er die ersten Rennen mit Wehmut verfolgen werde, dass es sicherlich keine leichte Geschichte wird. Jedoch hat das Ganze auch eine schöne Seite: „Ich kann mir die schönen Tage zum Skifahren aussuchen!“
Anschließend stellten die anwesenden Journalisten Fragen. Den Anfang machte ORF-Kollege Rainer Pariasek; er wollte die Beweggründe für den Rücktritt in Erfahrung bringen. Hirscher konterte geschickt und sagte, dass er nicht mehr bereit sei, diesen Preis zu zahlen. Eine temporäre Auszeit vom Skirennsport kann der Salzburger zum heutigen Zeitpunkt ausschließen. Für Schmunzeln in den gut gefüllten Räumlichkeiten des Gusswerks im Norden Salzburgs sorgte der rot-weiß-rote Ski-Star, als er betonte, dass er den einen oder anderen Journalisten abseits des Scheinwerferlichts vermissen werde.
ÖSV-Boss Schröcksnadel erzählte über seinen Schützling, dass er sicher eine Lücke hinterlassen wird, aber dem Skirennsport erhalten bleibt und sich darüber hinaus bereit erklärt hat, im Jugendbereich mit zu arbeiten. Mit Vater Ferdinand will man verhandeln, ob man dessen Erfahrungsschatz in der einen oder anderen Weise mit einbauen wird.
Alles in allem war der heute gesetzte Schlussstrich unter eine lange und erfolgreiche Karriere eine schlaue Entscheidung. Marcel Hirscher ist stolz auf das, was er geleistet hat. Und: Er würde es genauso noch einmal machen.
Protokoll für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner