Levi – Wenn wir die Startlisten bei den Slaloms der Frauen in Levi unter die Lupe nehmen, erkennen wir gleich, dass die Tirolerin Bernadette Lorenz, die von allen liebevoll Berni gerufen wird, ihr zweites und drittes Ski Weltcup Rennen in Angriff nehmen wird. Wir unterhielten uns mit der ÖSV-Athletin über die bevorstehenden Entscheidungen im hohen Norden Europas, die Stimmung innerhalb der Mannschaft und vieles mehr.
Bernadette, in Levi wirst du dein zweites und drittes Weltcuprennen bestreiten. Was können wir über deinen Leistungsstand in Erfahrung bringen, und wie wichtig ist für dich die Nominierung für die Einsätze in Finnland. Welche Ziele hast Du dir für den Slalom gesetzt?
Danke, mir geht es super. Skitechnisch bin ich auf einem sehr guten Weg, der Speed und das vertraute Rennfeeling dürfen noch mehr werden. (lacht)
Die Nominierung für Levi bedeutet mir sehr viel. Seit meinen Verletzungen (Winter 2019), war der Start bei einem Rennen mein langfristiges Ziel. Jetzt ist es soweit, und ich stehe am Wochenende endlich wieder am Start. Ich freue mich extrem darauf. Natürlich ist die Qualifikation für den zweiten Durchgang das große Ziel; jedoch versuche ich mir, nach so langer Rennpause nichts zu erwarten. Ich will einfach nur genießen, und die Devise lautet, Gas zu geben!
Gibt es ein Rennen, an das du immer wieder gerne zurückdenkst und gibt es dem gegenüber auch einen Tag, den du lieber heute als morgen aus deinem Gedächtnis streichen möchtest? Was sind deine Ambitionen und Wünsche in Bezug auf deine weitere sportliche Laufbahn als aufstrebende, junge und motivierte ÖSV-Athletin?
Am liebsten erinnere ich mich an mein Weltcupdebüt am Semmering (Dezember 2018, Anm. d. Red.) zurück. Auch wenn ich damals am Innenski ausrutschte, werde ich dieses Gefühl und diese Emotionen nie vergessen, als ich trotz des Sturzes ins Ziel fuhr. Es hat sich locker und gut angefühlt, und damals habe ich gewusst, dass es das ist, was ich in meinem Leben machen will.
Natürlich erinnerst du dich nicht gerne an die Momente zurück, wo du im Schnee liegst und weißt, jetzt habe ich mich verletzt. Ich bin aber kein Fan davon, Ereignisse streichen zu wollen. Außerdem funktioniert das auf Dauer sowieso nicht. Am Ende waren das genauso Dinge, die zu mir gehören und mich als Sportlerin und auch als Persönlichkeit zu dem gemacht haben, was ich jetzt bin.
Mein langfristiges Ziel ist klar definiert. So will ich im Slalom und Riesenslalom in der Weltspitze mitmischen.
Wie ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft? Hast du teamintern eine Kollegin, zu der du aufschaust und nach deren Leistungen du dich orientierst? Gibt es auch die eine oder andere Kollegin innerhalb der Nationalmannschaft, von der du sagen kannst, dass sie einen Typ zum Pferdestehlen charakterisiert? Was machst du abseits der Skipiste, und für welche Werte lohnt es sich immer zu kämpfen?
Die Stimmung ist gut, und ich fühle mich wohl. Grundsätzlich konzentriere ich mich auf meinen eigenen Weg und meine Fortschritte. Keiner ist wie der Andere! Jede Athletin hat ihre Besonderheiten, ihre Geschichte und Stärken. Ich muss für mich selbst entscheiden, was zu mir passt und wo ich mir etwas herauspicke und was mir weiterhelfen kann. So können wir uns gegenseitig besser machen und unterstützen.
Wenn es ums „Pferdestehlen“ geht, würde ich mich vermutlich an Franzi Gritsch wenden. (lacht) Wir sind Einzelsportler, aber umso wichtiger ist es, dass es trotzdem Menschen gibt wie sie, die dir die Gedanken vom Gesicht ablesen, ohne dass du viel dazu sagen musst.
Mir ist es am wichtigsten, zwischen Stangenwald und Hundertstelkämpfen, ich selbst zu bleiben und auf meine Stärken zu vertrauen. Ehrlichkeit, Teamgeist, Geduld und der Wille, mich ständig weiterzuentwickeln sind für mich persönlich unersetzliche Werte.
Seit Jänner 2019 hast du kein Skirennen mehr bestritten. Gab es in dieser langen Zeit auch hie und da Momente des Selbstzweifels, das Richtige zu tun, oder kannst du ohne den Skirennsport nicht sein, zumal er für dich wie das Amen zum Gebet gehört und mehr als nur ein mit Höhen und Tiefen gespicktes Lebensexilier beinhaltet?
Es ist schon interessant, nach fast zwei Jahren Rennpause gleich mit einem Weltcuprennen zu starten. Es lag eine sehr lange fordernde Zeit dazwischen. Gezweifelt an meiner Entscheidung, im Skisport weiter zu machen, habe ich aber nie. Ich hatte immer das Gefühl, dass das noch nicht alles war und da noch mehr in mir steckt.
Die freudigen Momente behält man immer im Kopf, und du weißt auch, dass wieder bessere Zeiten kommen.
Deshalb genieße ich jeden Tag auf Schnee und freue mich auf alles, was jetzt auf mich zukommt.
Bericht und Interview für Skiweltcup.TV: Andreas Raffeiner