Göfis – Die Saison 2019/20 verlief für die österreichische Skirennläuferin Katharina „Kathi“ Liensberger etwas kurios, aber trotzdem sehr erfolgreich. Zuerst gab es etwas Zoff rund um den Ausrüster, dann fuhr sie erstmals auf ein Riesenslalom-Podest, ehe dann das Coronavirus für alle Skistars den Winter vorzeitig beendete. Im Interview bilanziert die Vorarlbergerin den abgelaufenen Winter. Ferner kommen die Corona-Pandemie, die Lehren daraus und ein Lebensmotto zur Aussprache.
Kathi, am Anfang war das Hickhack um den Ausrüster in aller Munde. Danach hast du mit sportlichen Ergebnissen aufwarten lassen und bist sogar im Riesentorlauf vor heimischer Kulisse in Lienz auf das Podest gefahren. Kann man sagen, dass dein abgelaufener Winter im Großen und Ganzen ein durchaus positiver war, selbst wenn er durch „höhere Gewalt“ ein plötzliches Ende fand?
Ja, der abgelaufene Winter war auf jeden Fall positiv für mich. Rückblickend bin ich sehr zufrieden über die Saison 2019/20. Ich habe sieben Top-Ten-Rängen mit zwei Podestplätzen bei 13 gestarteten Rennen erreicht, somit die Saison als beste ÖSV Athletin im Slalom und Riesentorlauf gesund und stark abgeschlossen. Bin sehr dankbar, dass mir das gelungen ist.
Derzeit ist das Coronavirus in aller Munde. Wie erlebst du die gegenwärtige Situation für dich persönlich bzw. wie wirkt sich diese auf die frühsommerlichen Trainingseinheiten und die bald anstehenden Arbeiten mit deinen ÖSV-Mannschaftskolleginnen aus? Und was können wir über deinen privaten Alltag in Erfahrung bringen?
Die momentane Situation fühlt sich für mich immer noch ein wenig unwirklich an. Es ging so schnell mit dem Ende der Saison. Von einem Tag auf den nächsten nicht mehr auf Schnee zu gehen bedeutet komplette Planänderung. Statt Nutzung der Frühjahrsbedingungen für Materialtests und Skitrainings heißt es bei traumhaften Wetter- und Schneebedingungen zu Hause Kondition zu trainieren.
Ich bin dankbar, dass ich da im ständigen Telefonkontakt von meinem „Leitwolf“ Toni die Anweisungen für kreative Übungen erhalte. Die freie Zeit, die mir bleibt, verbringe ich mit Aufräumarbeiten, Harfe spielen, aber auch um die vielen Erlebnisse der vergangenen Saison aufzuarbeiten. Im Sinne der Solidarität gilt es zu Hause zu bleiben und die Richtlinien einzuhalten, damit es hoffentlich bald wieder gut weitergehen darf. Ich bin froh, dass in meinem Umfeld alle gesund sind.
Was können wir in Zeiten der Coronakrise lernen? Was wünschst du der Menschheit? Und vor allem: Wieso ist es nicht verkehrt, mehr Zusammenhalt und Einsicht und weniger Überheblichkeit und scheinheiliges Gutmenschen-Gelaber an den Tag zu legen? Warum sollten wir alle entschleunigter Leben, zu einer großen Freiheit zurückfinden, die sich in Taten, Worten und Handeln zurückfindet und vor allem in einem guten, inneren Gefühl niederschlägt?
Ich denke, die gegenwärtige Situation mit einer Entschleunigung des alltäglichen Lebens bietet eine Chance sich mit sich selber zu beschäftigen und sein Leben zu überdenken. Sich Fragen zu stellen wie: Wo stehe ich? Was habe ich in den letzten Jahren gemacht? Ist das, was ich tue, wirklich das, was ich tun möchte? Gibt es mir ein gutes Gefühl? Bin ich glücklich? Was bin ich bereit zu ändern oder loszulassen? Wie geht es meiner Familie und meinem sozialen Umfeld? Wie verhalte ich mich gegenüber meinem Planet Erde? Welchen Stellenwert haben Menschen, Tiere und Pflanzen für mich?
Ich wünsche der Menschheit, dass jeder Mensch mit sich selber und seinem Leben zufrieden ist, um ein Leben mit ehrlichem Nebeneinander und Miteinander in Respekt und Achtung zu ermöglichen.
Ich wünsche der Menschheit, dass sie die Eigenheit eines jeden Menschen annehmen und deren Einzigartigkeit wertschätzen kann.
Ich wünsche der Menschheit, dass jedes Individuum Frieden und Freiheit in sich selbst findet.
Ich wünsche der Menschheit, dass sie Werte schätzen lernen, die nicht mit Geld gekauft werden können und die in einem Leben im „Hier und Jetzt“ erlebbar sind.
Bleibt das Lebensmotto: Wie lautet es, wer hat es das erste Mal zu dir gesagt und weshalb ist es auch abseits der Piste eine immer gültige Richtschnur, dein Dasein als lebensbejahenden und natürlichen Menschenschlag betreffend?
Meine Eltern haben mich immer bekräftigt, das zu machen, was ich gerne mache. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mich so meinen Weg gehen ließen. Das ist der Grund, weshalb ich Skirennläuferin mit Begeisterung bin.
Mein Lebensmotto “Ski fast, do what you love, let dreams come true – and you‘ll see that everything`s possible!” … passt nach wie vor sehr gut für mich. Ja, vielleicht ist es sowas wie eine Richtschnur für mich – ich möchte mich selbst sein dürfen und das machen, was mir Spaß macht.
Bericht und Interview für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner