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AJ Ginnis im Skiweltcup.TV-Interview: „Der elfte Platz in Flachau kam einer Erleichterung gleich!“

AJ Ginnis im Skiweltcup.TV-Interview: „Der elfte Platz in Flachau kam einer Erleichterung gleich!“ (Foto: © Lukas Sendlhofer)

AJ Ginnis im Skiweltcup.TV-Interview: „Der elfte Platz in Flachau kam einer Erleichterung gleich!“ (Foto: © Lukas Sendlhofer)

Athen – Der US-amerikanische griechische (oder griechische US-amerikanische) Skirennläufer AJ Ginnis ist ein sympathischer Zeitgenosse. Er besticht durch einen sonnigen Charakter und weiß auch durch seine sehr guten Deutschkenntnisse zu verblüffen. Er verbringt viel Zeit in Österreich und hat auch die Sprache ein wenig in der Schule gelernt.

Im Interview mit Skiweltcup.TV berichtet der seit kurzer Zeit 27 Jahre alte Athlet über seine sensationelle Fahrt auf der Hermann-Maier-Piste Mitte Januar 2021, mit der er griechische Wintersportgeschichte geschrieben hat. Zudem gibt er uns über seinen gesundheitlichen Ist-Zustand, nachdem er sich bei einem Trainingslauf im August am Knie verletzt hatte, und vieles mehr Auskunft.

AJ, wer an Griechenland denkt, denkt an die Sonne, den Strand und das Meer und schon gar nicht an schneebedeckte Berge und Wintersportgefühle. Was bewog dich von den Vereinigten Staaten von Amerika über den großen Teich in die Alte Welt zu springen und das Geburtsland der Demokratie als deine neue skisportliche Heimat auszusuchen?

Mein Vater war Grieche durch und durch, meine Mutter lebt in New York und ist Tochter zwei eingewanderter Griechen. So habe ich mehr griechisches als US-amerikanisches Blut in mir. Ich lernte in Griechenland Ski fahren, mein Vater war Skilehrer und betreute einen Fischer-Shop. Als kleiner Junge kam ich auch nach Österreich, genauer gesagt nach Kaprun. Hier intensivierte ich mein Skifahren, lernte eine neue Sprache, eine neue Kultur und viele neue (skifahrende) Freunde kennen. Mit 15 Jahren brach ich in die USA auf und besuchte die Ski Academy, die vergleichbar mit einem US-College ist. Mit 17 Jahren wurde ich in die Nationalmannschaft aufgenommen und bestritt meine ersten Rennen im C-Kader.

Am 17. Januar 2021 hast du mit dem elften Platz im Slalom von Flachau als erster punktender Grieche Skiweltcupgeschichte geschrieben. Warum ist es kein Fehler, wenn ich behaupte, dass dieser Tag der schönste deines bisherigen Lebens war? Oder ist es vermessen, den Gewinn der Junioren-WM-Bronzemedaille vor sechs Jahren damit gleichzusetzen?

Obwohl beide Erfolge sind, will ich es so formulieren: Vor meinem Erfolg in Flachau zeigte ich schon in Madonna di Campiglio, Agram/Zagreb oder Adelboden meine Klasse und befand mich auf dem Weg zu einem Top-10- oder Top-15-Ergebnis, ehe ein kleiner Fehler, einhergehend mit einem Ausfall, alles zunichtemachte. In Flachau belegte ich nach dem ersten Lauf den zwölften oder 13. Rang und ich attackierte im Finaldurchgang. Beinahe schied ich wieder aus, doch ich konnte mich im Kurs halten und belegte den elften Platz. So kann ich sagen, dass das Ergebnis im Salzburger Land eine Erleichterung und jenes bei den Junioren-Weltmeisterschaften erwartet worden war.

Bei den Junioren-Welttitelkämpfen im norwegischen Hafjell reiste ich als einer der Medaillenanwärter an. Alle waren da, Clemént Noël, Henrik Kristoffersen, Loic Meillard, Marco Schwarz und wie sie alle heißen. Ich bin gut gefahren und gewann die Bronzemedaille. Somit kann man diese beiden unvergesslichen Erlebnisse in meiner sportlichen Laufbahn nicht vergleichen.

Im August hast du dich sehr schwer am Knie verletzt. Somit ist wohl die Saison 2021/22 mit ihrem saisonalen Highlight in China im Zeichen der fünf Ringe schneller, als dir lieb ist. zu Ende gegangen. Oder können wir auf ein olympisches Wunder hoffen? Geht es dir wieder besser, was kannst du uns über deinen Ist-Zustand und deinen gegenwärtigen Genesungsverlauf berichten?

Danke, es geht mir wieder gut, das Knie ist stabil. Die Operation ist gut verlaufen, die Reha verläuft normal und ich spule viele Einheiten mit dem Physiotherapeuten ab. In ein bis zwei Wochen kann ich mich von den Krücken befreien. Der dritte Kreuzbandriss, der erste rechts, schmerzt besonders, weil er so blöd zustande gekommen ist. Ich war in der Indoor-Halle im belgischen Peer und wollte einfach nur zwei Tage locker trainieren und fuhr den Hang lässig und cool, noch mit der Windjacke und ohne Stöcke hinunter, als der Außenski seine eigenen Wege ging und ich stürzte. So eine blöde Verletzung, die darüber hinaus noch so schmerzhaft endete. Ich könnte …, Nachweinen nützt nichts. Ich muss zuversichtlich in die Zukunft blicken, auch wenn sich definitiv kein Start in China, so leid es mir auch tut, ausgehen wird.

Was können wir über dein Lebensmotto, das auch abseits der Rennpiste angewendet werden kann, in Erfahrung bringen? Wer hat es das erste Mal zu dir gesagt und weshalb würdest du jungen, aufstrebenden Skinachwuchsathleten 1:1 weitergeben, vielleicht garniert mit dem Hinweis, dass der Sport mehr als nur eine Schule für das Leben ist?

Im Sport lernt man viele wertvolle Eigenschaften, die man im Leben anwenden kann. Durchhaltevermögen, Wettbewerb, Teamarbeit, Umgang mit Misserfolgen, Umgang mit Erfolg usw. Das Wichtigste für mich ist jedoch die Perspektive – als ich mit dem Skifahren anfing, tat ich es aus Spaß, als ich anfing, Rennen zu fahren und einige Erfolge zu haben, war es mein Ziel, für ein College der Division 1 zu fahren, als ich in das US-Ski-Team kam, war es mein Ziel, im Weltcup zu fahren, als ich anfing, Weltcups zu fahren, war es mein Ziel, einen zu gewinnen.

Heute, da ich zu Hause sitze und sechs Operationen mit vielen Erfolgen und Misserfolgen im Skirennsport hinter mir habe, ist es wichtig für mich zu erkennen, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass ich die Möglichkeiten und die Erfahrungen hatte, die ich gemacht habe. Wenn ich meinem 12-jährigen Ich, das 100 Meter vom Meer entfernt in Griechenland aufgewachsen ist, erzählen würde, was ich im Skirennsport erreichen könnte, würde er mir das wohl nicht glauben. Die wichtigste Lektion, die ich aus dem Sport gelernt habe, ist also, dass sich harte Arbeit auszahlt und dass man mit einer Perspektive weitermachen kann.

Der Herren Ski Weltcup Kalender der Saison 2021/22  

Der Damen Ski Weltcup Kalender der Saison 2021/22  

Bericht und Interview: Andreas Raffeiner

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