Annaberg – Der achtmalige Gesamtweltcup Sieger und nunmehrige ORF-Moderator Marcel Hirscher gab vor einiger Zeit zu, dass die Ski-Rente zu Beginn ein Horror war. Der einstige ÖSV-Skirennläufer, der im letzten Jahrzehnt alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab, erzählte dem Red Bulletin, dass er den Menschen im Alltag mit seiner Art, schon mal auf die Nerven gehen würde.
„Dienstleister, Handwerker, Arbeiter, Leute, die einfach ihren Job machen. Im Umgang mit ihnen habe ich sehr bald bemerkt, eigentlich sind nicht die komisch, sondern ich bin schräg drauf. Die haben ein Arbeitstempo gefunden, das sie ein Leben lang aushalten müssen, ich musste mein Tempo als Spitzensportler nur zehn Jahre lang halten.“ Folglich ist es eine Utopie, Leistungssport 1:1 auf den normalen Alltag umzumünzen. „Außer, man will alles zerreißen und irgendwo der oder die Beste werden.“
Der Salzburger, seines Zeichens Sieger von 67 Ski Weltcup Rennen, charakterisiert seine Errungenschaften als Segen und Fluch. „Nach jedem Jahr, in dem noch ein weiterer Glasbecher dazukam, wurde das Gewicht schwerer, und das nächste Ziel schien noch unerreichbarer. Ich wusste zwar immer, dass es möglich ist, aber es wurde immer mehr zur MegaAufgabe“, blickt Hirscher in die erfolgreichen Jahre zurück
Ein paar Jahre einfach noch im Mittelfeld mitfahren, wäre für ihn nicht in Frage gekommen. In seinem Sportlerleben verfolgte er immer die Devise, Alles oder Nichts. Seine ganze Konzentration gehörte dem Skifahren. Zwischen der Vorbereitung auf die Ski Weltcup Saison, bis zum Weltcup-Finale, war er Profi, im wahrsten Sinne des Wortes.
Heute genießt er die Ruhe und freut sich wenn er mit seinem Sohnemann spielen kann: „Zu meiner stressigsten Zeit habe ich einmal über hundert Telefonate an einem Tag geführt. Ich habe da irgendwie zufällig nachgezählt und bin erschrocken. Es waren keine langen Gespräche, es ging um Dinge, die mich während einer Skisaison beschäftigt haben. Logistik, wer holt das, wer bringt jenes.“
Auch die Corona-Krise hat den achtfachen Gesamtweltcup-Sieger zum nachdenken angeregt: „Ich hoffe, dass man aus all dem Wahnsinn, den wir gerade erleben, hoffentlich Rückschlüsse und Erkenntnisse für eine positive Veränderung mitnehmen kann.“
Bericht für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner
Quelle: Redbull.com / The Red Bulletin