Bærum/Peking/Yanqing – Am letzten Tag des vergangenen Jahres wollte der norwegische Edeltechniker Atle Lie McGrath noch einmal einen Berghang hinunterfahren. Dabei brach sich der norwegische Jungspund den Daumen; eine Operation stand an. Rund 14 Tage später wurde er für das Olympiateam nominiert. Der 21-Jährige feierte auf der Schladminger Planai im Rahmen des Nachtslalomklassikers ein mehr als nur phänomenales Comeback im Weltcupzirkus. Nur der Deutsche Linus Straßer war am Ende einen Hauch – oder in Zahlen ausgedrückt: um drei winzige Hundertstelsekunden – schneller.
Es ist klar, dass der Nordeuropäer in der Steiermark sehr nervös war. Als mit dem Schweden Kristoffer Jakobsen und dem Italiener Giuliano Razzoli die beiden besten Athleten des ersten Durchgangs ausschieden und so für einen weiteren kuriosen Torlauf in der laufenden Saison sorgten, konnte McGrath sein Glück nicht fassen und erst zu einem späteren Zeitpunkt das beste Resultat seiner noch jungen sportlichen Karriere realisieren. Die Freudentränen flossen und das bedeutet in verständlicher Weise Balsam für die Wunden, wenn man bedenkt, was der 21-Jährige im vergangenen Jahr durchmachte.
In der Saison 2020/21 kam er unmittelbar vor der Ski-WM in Cortina d’Ampezzo beim Riesentorlauf auf dem Adelbodener Chuenisbärgli schwer zu Sturz. Eine schwere Knieverletzung beendete mit einem Schlag seine weltmeisterlichen Träume und das vorzeitige Aus gefiel ihm ganz und gar nicht. Doch der Nordeuropäer kämpfte sich zurück und stand schnell wieder auf einem Podest. Beim Parallel-Rennen in Lech/Zürs landete er auf vorarlbergischem Schnee auf Platz drei.
Der Silvestertag hatte eine bittere Note, doch er musste sich zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres unter das Messer legen. Dieses Mal war der Genesungsprozess wesentlich kürzer. Trotzdem hatte der Norweger Schmerzen. Er wollte schon drei Tage nach dem Missgeschick im Rahmen eines Trainingslaufs in Zagreb starten. Im Nachhinein wird er wohl froh sein, nicht bei dieser Farce auf dem Bärenberg mit von der Partie gewesen zu sein. Der Skandinavier biss die Zähne zusammen und bestritt die Klassiker am Wengener Lauberhorn und am Kitzbüheler Ganslernhang.
Im Berner Oberland konnte er sich nicht für den zweiten Lauf qualifizieren; in Tirol schied er gleich zu Beginn des ersten Durchgangs aus. Der Norweger bezeichnete die zwei Ausfälle als zwei Schläge ins Gesicht. Aber der zweite Platz von Schladming war für ihn ein Befreiungsschlag schlechthin, weil er sich dadurch für die Spiele im Zeichen der fünf Ringe qualifizieren konnte. Er freut sich, gemeinsam mit Sebastian Foss-Solevåg, Lucas Braathen, Timon Haugan und Henrik Kristoffersen auf Medaillenjagd zu gehen. Dass er sich seine Olympiateilnahme im buchstäblich letzten Moment sicherte, macht ihn nicht nur glücklich, sondern in gewisser Hinsicht wohl auch ein klein wenig stolz.
Der Herren Ski Weltcup Kalender der Saison 2021/22
Der Damen Ski Weltcup Kalender der Saison 2021/22
Entscheidungen der Olympischen Winterspiele 2022
Bericht für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner
Quelle: vg.no