Bergamo – Die italienische Skirennläuferin Sofia Goggia ist eine Ausnahmeathletin. Bei der zweiten Abfahrt in St. Moritz raste sie mit der frisch operierten Hand zum Erfolg. Ob das nachahmenswert oder heldenhaft ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Fakt ist eins: Die azurblaue Sportlerin, die elf der vergangenen 16 Weltcupabfahrten für sich entschied, ließ Fans und Fachwelt erstaunt zurück.
Irgendwie kommt uns die Geschichte bekannt vor. Vor den Olympischen Spielen in China verletzte sich die Bergamaskin schwer am Knie. Während andere vielleicht die weiße Fahne schwenken und die Saison abbrechen würden, biss die Italienerin die Zähne zusammen und raste hinter Corinne Suter zur Silbernen. Goggia, kein Mädchen von Traurigkeit, spielt gerne mit dem Feuer. Sie mag die Show und gibt zu Protokoll, dass sie in Menschen Emotionen auslöst. Ihr Auftritt in der zweiten Abfahrt im Engadin hat das wieder einmal mehr als nur eindrucksvoll bestätigt.
Goggias Konkurrentin Michelle Gisin weiß, dass ihre italienische Gegnerin viel Energie hat, wenn sie wie Phönix aus der Asche steigt. Zudem hat die Schweizerin viel Respekt vor der Leistung. Dennoch würden sowohl die Eidgenossin und beispielsweise die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin nach einem Handbruch anders reagieren. Die Swiss-Ski-Athletin Jasmine Flury würde sogar eine Pause von zwei bis drei Wochen einkalkulieren.
Warum ist Goggia, die wie es keine andere schafft, sich zu überwinden, so? Selbst wenn die Bedingungen schwierig oder gar extrem sind, betont sie, dass man Angst nicht verdrängen darf, sondern umarmen muss. Als Rezept oder Allheilmedizin gegen die Angst sei in ihren Augen die Liebe anzusehen. Es ist klar, dass es schwer zu sagen, ob die Italienerin ein gutes oder schlechtes Vorbild ist. Sie stemmt sich gegen alle Widerstände. Nicht jede Athletin – und das ist gut so – ist gleich.
Swiss-Ski-Alpindirektor Walter Reusser verweist darauf, dass jede Athletin und jeder Athlet über ein anderes Angst- und Schmerzempfinden verfügt. Es ist prinzipiell gut, wenn man offen mit den Betreuern spricht. Nach Verletzungen wird niemand unter Druck gesetzt. Eine langfristige Denkweise kann hier mehr als nur vorteilhaft sein.
Bericht für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner
Quelle: blick.ch
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