St. Vigil in Enneberg – Die Südtirolerin Manuela Mölgg war eine sehr erfolgreich italienische Skirennläuferin, die nach der Saison 2017/18 ihre Karriere beendete. Auch wenn sie im Ski Weltcup keinen Sieg feiern konnte, kletterte sie 14-mal aufs Podest.
Traurige Berühmtheit erlangte sie ungewollt beim Slalom im Rahmen der alpinen Ski-Weltmeisterschaft in Val d’Isère 2009 bzw. beim Olympia-Riesentorlauf neun Jahre später in Pyeongchang, als sie die Goldmedaille vor Augen vergab und einmal ausschied bzw. nach einem Fehler nur als Achte abschwang.
Trotzdem ist die Gadertalerin kein Kind von Traurigkeit. Im Interview berichtet sie über ihre skirennfreie Zeit, ihre gegenwärtige Aufgabenfelder, die Familie als Bezugspunkt und vieles mehr.
Manuela, im Frühling ist dein erster „weltcupfreier Winter“ zu Ende gegangen. Wie hat sich das Ganze angefühlt und wärest du am liebsten, nachdem du Mitte März 2018 deine lange und erfolgreiche Laufbahn beendet hast, das eine oder andere Mal noch gerne den Hang hinuntergefahren?
Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass es sich ganz gut anfühlt, ohne Rennstress zu leben. Da ich mit einer guten letzten Saison meine Karriere beenden durfte, war es für mich sehr wichtig, im letzten Winter nach Sölden zu fahren und an der Piste zu stehen, bei der Besichtigung mitten im Geschehen zu sein und einfach das Ganze nochmals zu genießen und gut zu beobachten, um sicher zu sein, dass meine Entscheidung die richtige war.
Die richtige Entscheidung? Ja! Als ich die großartige Leistung der Mädels wieder sah, hatte ich das Gefühl, das ich das nicht mehr schaffen würde und für mich war alles gut. Ich wollte immer gut aufhören und das habe ich geschafft.
Bis Dezember war ich noch bei der Sportgruppe der Finanzwache dabei und habe mich im Januar selbstständig gemacht, weil mir interessante Angebote vorlagen, im Ski Weltcup noch tätig zu sein. Ich wollte mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Denkst du noch an die Ski-Welttitelkämpfe 2009 in Val d’Isère zurück, als du im Slalom nach dem ersten Durchgang in Führung lagst und im zweiten Lauf kurz vor dem Ziel, die Goldmedaille vor Augen, ausgeschieden bist? Beim olympischen Riesentorlauf in Pyeongchang, kurz vor deinem Karriere-Ende war Gold in Reichweite, ehe du Achte wurdest…
Ich denke nicht so oft nach, aber ich bin mir bewusst, dass ich viel erreichen hätte können, wenn ich das bis ins Ziel gebracht hätte. Großereignisse sind immer etwas Besonderes und ich glaube auch, wenn es nur für den ersten Lauf gereicht hat, ist das kein Zeichen von Angst, weil sonst hätte ich auch diesen nicht geschafften.
Zwei Durchgänge sind nicht ohne; es muss alles passen. In Val d’Isère hatte ich die schwerste Stelle der Strecke schon hinter mir, ehe ich eine kurze Rücklage hatte. Und schon war es vorbei. In Pyeongchang unterlief mir nach zehn Toren ein Fehler und ich wusste, dass ich viel Zeit liegen gelassen habe. Der Fehler war dann, zu übertreiben anstatt die Ruhe nach dem Fehler zu bewahren. Ich wollte die Medaille, ich könnte viel erzählen…
Wie bedeutsam war zu deinen aktiven Zeiten dein Bruder Manfred, um mitunter auch schwierige sportliche Zeiten zu meistern? Half es dir, dass dein um ein Jahr älterer Bruder sich vielleicht besser in deine eigene Lage hineinversetzen konnte oder spielte der Umstand, dass Manfred der gleichen Leidenschaft wie du nachgegangen ist, keine wesentliche Rolle?
Die Familie war und ist für mich der wichtigste Bezugspunkt. Dazu zählen die vielen guten Ratschläge, die große Unterstützung in guten und schlechten Momenten – ich rede nicht nur von Großereignissen wie Pyeongchang oder Val d’Isère, sondern ganz normalen Tagen – in denen es einem nicht so gut geht oder wenn man einen Sturz hat.
Manfred hatte immer ein offenes Ohr für alles und gleichzeitig hatte ich es auch für ihn. Wenn es hingegen gut ging, versuchten wir das zu nutzen, um noch besser zu werden. Dann ging alles leichter, weil man vom Kopf hier viel freier ist.
Welche Tipps würdest du einem jungen Mädchen geben, das den Weg als Skirennläuferin einschlagen will und dich als Vorbild sieht?
Tipps? Hast du einen Traum, so glaube daran. Wichtig ist, mit Fleiß zu trainieren, an sich selbst glauben und auch wenn man Fehler macht, immer wieder probieren, aufzustehen und erneut versuchen, sich zu verbessern. Dann sollte man sich mögen und an sich glauben. Denn das macht die Stärke und die Persönlichkeit aus.
Was sind abschließend das Geheimnis deines glücklichen Lebens und der Beweis, dass man mit Willen und viel mehr alles erreichen kann und warum ist es abseits der Skipiste von Bedeutung, sich immer wieder neue Ziele zu setzen?
Jetzt, wenn ich keine Rennen mehr bestreiten muss und somit keine Termine habe, muss ich mir trotzdem kleine Ziele setzen wie letzthin etwa die Teilnahme an der „Maratona dles Dolomites“ oder unter der Woche das Abspule einer Anzahl von Kilometern mit dem Bike (lacht).
Sonst würde mir etwas fehlen (lacht noch mehr).
Bericht und Interview für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner