Bergamo – Mit Wehmut schaut die italienische Abfahrtskönigin Sofia Goggia auf die verletzungsbedingt verpasste Ski-WM in Cortina d’Ampezzo. In einem Interview mit den Kollegen von Eurosport berichtete sie, dass sie beim Training im November 2020 noch zwei Sekunden schneller als die Tschechin Ester Ledecká war. Bitter war die Erkenntnis rund um die Verletzung, die sie sich just dann zuzog, als sie sich in einer unbeschreiblich guten Form befand. Sie will aus daraus lernen, auch wenn es viel schlimmer hätte kommen können.
Die azurblaue Skirennläuferin betonte, dass sie in St. Anton mit einem leicht schmerzenden Knie an den Start ging. Aber dank einer perfekten Skikonstruktion in Kombination mit dem gewählten Schuh war es nicht so schlimm. Wenn man die bisherigen Ergebnisse in diesem Ski Weltcup Winter anschaut, erzählte die Abfahrts-Olympiasiegerin von Pyeongchang, dass sie auch die erste Abfahrt in Val d’Isère gewonnen hätte, wenn sie in der Kompression fehlerfrei geblieben wäre. Am zweiten Tag, und das zeugt von Goggias Ehrlichkeit, waren viele Athletinnen aufgrund des Sturzes von Nicole Schmidhofer sehr verunsichert.
Auf der Karl-Schranz-Piste in St. Anton war es für die Konkurrenz schwierig, die Italienerin zu schlagen. In Crans-Montana gab sie in der ersten Abfahrt alles, während auch hier der zweite Antritt sehr schwer war. Der Sieg bei den Olympischen Winterspielen in Südkorea bleibt für die Angehörige der azurblauen Elitegruppe immer an erster Stelle; sie hat sich einen Lebenstraum erfüllt. Auch spekulierte sie in diesem Jahr mit dem Gesamtweltcup, bis der Sturz in Garmisch-Partenkirchen abseits der Rennstrecke viele Hoffnungen zunichtemachte.
Was wäre gewesen, wenn sie sich nicht verletzt und in Cortina d’Ampezzo an den Start gegangen wäre? Sicher ist diese Frage müßig zu beantworten, aber Goggia betonte, dass alle sagen, dass sie gewonnen hätte. So hätte der Gewinn der WM-Silbermedaille schon ausgereicht, um es als Enttäuschung zu betrachten. Da der Schnee nicht der klassische der Gegend war, war alles nicht so klar. Aber nun blickt die Skirennläuferin aus Bergamo zuversichtlich nach vorne. Die Gedanken an die Spiele im Zeichen der fünf Ringe, die im nächsten Jahr in Peking stattfinden, treiben die Fantasie an. Auch wenn man aufgrund der abgesagten Einsätze in Yanqing keine Referenzen oder Richtwerte hat, wird es möglicherweise ein Lotteriespiel.
In Pyeongchang wusste sie aufgrund ihrer Triumphe im Ski Weltcup, was auf sie zukommt. Aber sie will natürlich nicht sagen, wie es in China laufen wird. Es ist eine schmale und eine steile Strecke. Auf einen Vergleich mit Bode Miller angesprochen, gab die Italienerin zu, dass das eine Ehre für sich sei. In Bezug auf die aktuellen Skirennläufer in den Speeddisziplinen meinte die Lombardin, dass Vincent Kriechmayr, seines Zeichens Doppelweltmeister in Cortina d’Ampezzo der Inbegriff der absoluten Perfektion ist. Dessen ungeachtet ist Dominik Paris mit seinem Tempo einzigartig.
Auch wurden ein paar Worte rund um die kleine Kristallkugel im Abfahrtsweltcup gewechselt. Es hängt nicht mehr von der Speedspezialistin ab, ob die Trophäe an sie geht. Es spielen viele Faktoren eine Rolle. Sie kann sie kampflos ohne weitere Einsätze gewinnen; die Auszeichnung kann auch an eine andere Athletin gehen. Nicht schlecht, und hier begann Goggia zu scherzen, wäre es, wenn es eine Absage der Rennen im Fassatal geben würde. Aber die Wetterprognosen sagen ein schönes Wetter voraus.
Was macht Goggia momentan? Dreimal pro Woche mindestens pendelt die Athletin von Bergamo nach Mailand. Im Physiozentrum Multimedica wird sie behandelt. Sie kennt die Leute dort gut; sie sind Wegbegleiter geworden. Der Gegensatz ist, dass hier Menschen einen anderen Formen, nicht die Therapie. Sie hat großes Vertrauen in die Therapeuten. Sechs Operationen hat die Skirennläuferin im Laufe ihrer Karriere über sich ergehen lassen; nun hofft sie, dass die letzte tatsächlich die letzte ist. Sie arbeitet hart für ihr Comeback, besticht durch ihren Ehrgeiz und will bald wieder an die Spitze zurückkehren.
Am Mittwoch stand eine neue Computertomografie an. Wenn alles nach Plan und ohne weitere Zwischenfälle verläuft, ist die azurblaue Athletin im April bereit, wieder auf den Skiern zu stehen.
Bericht für skiweltcup.tv: Andreas Raffeiner
Quelle: neveitalia.it